Aloisius* war früher Eishockey-Profi. Heute ist er Fleischer und erwartet mich vor dem kleinen Stehitaliener bei uns in der Strasse. Aloisius*, Nachbar und Sportsfreund zugleich, beliefert im bürgerlichen Leben norddeutsche Nobel-Restaurants mit glücklichem Rindfleisch aus Bayern. Beherzt begrüßt er mich per Handschlag, wie immer bricht er mir dabei versehentlich das Hanggelenk. Im ursprünglichsten Urbayerisch (mich wundert immer wieder, wie ihn in der Hansestadt überhaupt einer versteht) lässt er verlauten: „Jo, servus, i hob a feins sechshundatfuffzg Gramm Filet-Mitteltoil für di!“, greift in seinen 400 PS Elfer, der am Strassenrand kauert, drückt mir einen eingeschweissten Batzen in die Hand und vollendet: „gibst moa a Zwanzga, donn posst des! Soagst ma aba fei scho, wie´s gschmeckt hot!“ Mit einem herzlichen „Pfüiti!“ gleitet Aloisius* in die Niederungen seiner Lieferwagen-Schalensitze, gibt elfermässig Gummi und entschwindet am Horizont des Stadtbildes.
Zugegeben, der konventionelle Akt schieren Einkaufens an den Frischetheken dieser Welt, kann schnell monotoner Kultur sein. Dramaturgische Aufwertungen, wie oben beschriebener Direktverkauf, sind die wahren Sahnehäubchen der feinen Küche. Abgesehen davon sind Aloisius´ Rinderfilets unschlagbar – das Zarteste, Exzellenteste, was man sich nur vorstellen kann – und schmecken nach frischer, satter, heiler Natur als ob sie gerade noch „Muh!“ gesagt hätten. Kein Wunder – bei einem Transporter, der ein Rinderfilet in 4 Sekunden von 0 auf 100 beschleunigt.
Ja, bei uns im Viertel lässt sich´s leben und kann man was erleben.
Sam Lazay, lebalcony
* Name aus metzgerschutzdiskreten Gründen geändert.