Unsere Augen sind die Balkone zur Welt. Morgens reiben wir uns den Schlaf aus ihnen und registrieren Blumen, Formen, Farben, Licht- und Liebeseindrücke. Doch wie ist es, das Augenlicht zu verlieren und somit dem Leben in völliger Finsternis ausgesetzt zu sein? Genau das fragte sich auch lebalcony.de, das Wahrnehmungs-Periskop für coole Typen und Stories aus Winterhude bis darüber hinaus. Gilt doch für unsere bewusste Wahrnehmung der Sehsinn gemeinhin als wichtigster aller Sinne. Nicht umsonst fällt es viel leichter, Gesehenes zu beschreiben und in konkrete Worte zu fassen als zum Beispiel einen Geruch.
Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen – per verschiedenster Sinne nehmen wir unsere Umwelt wahr.
Wissenschaftler, Philosophen und Gelehrte versuchen seit hunderten von Jahren zu durchleuchten, was es mit den menschlichen Sinnesorganen auf sich hat. Endlich, seit 2018 gelingt es lebalcony.de, Story für Story mehr Klarheit zu schaffen.
„Wahrnehmung ist eine gar differenzierte Angelegenheit, nicht jeder Mensch empfindet dabei gleich“, sagt lebalcony.de-Chef-Autor Sam Lazay. Sein griechischer Kollege Aristoteles hingegen vermutete, dass es eine Gemeinsamkeit der Wahrnehmung unter allen Menschen gibt. Eine Hierarchie der Sinne: Wobei das Sehen als der wichtigste Sinn gilt, gefolgt vom Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Damit könnte die Annahme einhergehen, dass das Sehen als wichtigster Sinn möglicherweise auch enger mit bewusster Wahrnehmung und Sprache verknüpft ist.
Doch weit gefehlt. Wie variabel und flexibel diese Hierarchie der Sinne tatsächlich zu handhaben ist, bewies gestern ein künstlerisches, distanziertes Happening auf einer einsamen, nur von ganz wenigen Einheimischen bevölkerten Insel vor den Toren von Hamburg City.
Die Wilhemsburger Elbinsel. Genauer gesagt Moorwerder. Dort, wo sich die Elbe in Süder- und Norderelbe teilt.
Und damit dass kein Containerfrachter- oder Großtanker-Kapitän übersieht, weiß ein schnuckeliges Leuchtürmchen dezent darauf hinzuweisen.
Nach meinen vielen Jahren in Hamburg ist es einfach großartig festzustellen, welche ungeahnte Geheimnisse samt ungesehener Ecken unsere wunderbare Stadt noch parat hält.
In Moorweder durfte ich zusammen mit einer bewährten Hamburger Kultur- und Sportsfreundin zu Gast bei Katharina Jensen (li.) sein.
Einer Künstlerin, die ihre Bilder, Werke und Gäste mehr fühlt als dass sie sie sieht. Da kann es schon mal passieren, dass Katharina im Gespräch über ihre Arbeiten, die sie liebevoll Piselotten nennt, ins Schwelgen gerät.
Und einfach mal mit ihrer Hand mein Knie abtastet.
Piselotte ist übrigens eine von Katharina erfundene, äußerst plausible Wort-Kreation aus Pisé und Klamotte, die ihre Kunstwerke samt ihrer einzigartigen Eigenständigkeit ganz vortrefflich beschreibt.
Pisé ist ein aus dem Stampflehmbau entnommener Begriff der abgeleitet von französisch: piser, zu deutsch: stampfen, eine noch aus der Jungsteinzeit bekannte Lehmbauart bezeichnet. Bei der aus allerlei anderen, natürlichen Zutaten zusammengestampfter, formbarer Lehm als Baumaterial zur Gestaltung zeitgenössischen Wohnraums verwandt wird. Wegen seiner variablen Formbarkeit unterscheidet sich das Pisé grundsätzlich vom Bauen mit luftgetrockneten Lehmziegeln.
Kenner, wie auch Freundin Rena (re.) wissen: im weitesten Sinne kann das Pisé als Urahn des heutigen Betons gesehen werden. Auf Grund rein natürlicher Bestandteile wirkt das Pisé allerdings wesentlich charmanter, ressourcen- und umweltschonender als Beton.
Im Sinne künstlerischen Klamotten-Recyclings wird zu Streifen geformte oder zu Schnurwerk gerollte Textilmasse auf bemalten Karton geklebt. Und schon entsteht aus ausgemusterten Kleidungsstücken neues Leben. In Form figurativer Kunstwerke höchst eindrucksvoller Wirkung. Sprich: Piselotten.
Ganz große Klasse, Katharina! Mittels hormoneller Nachbehandlung einer gelungen geglaubten Operation wurde die Netzhaut Katharinas zerstört. Dadurch ist Katharina heute nahezu vollständig erblindet. Hut ab, Katharina! – vor deinem Esprit, deiner Lebensfreude und Power. Vor allem aber dass du mit deiner Kunst so herrlich alle Sinne schärfst.
Sam Lazay
lebalcony.de – coole Frauen, Stories und Piselotten aus Winterhude bis darüber hinaus
Anlage-Tip: Jetzt in Jensen investieren!
Welch ergreifende Geschichte über unsere Sinne, sehr schön,
hab wiedermal etwas dazu gelernt.
Ansonsten ist diese Künstlerin eine sehr besondere Frau,
habe auch ihre gestrickten Mützen, Taschen, Westen aus verstrickten recycelten T-Shirt-Garn
In meinem Laden. Toll, wie Katharina das alles so schafft, obwohl sie kaum noch sehen kann.
Freue mich auf ein Wiedersehen in ihrem schönen alten Bauernhaus vor den Toren von Hamburg.
Diese Frau ist eine Bereicherung fürs Leben !!!
Dem kann ich nur zustimmen: die positiven Vibes, die Katharina spontan verströmte, waren schon phänomenal. Natürlich geht einem da sofort durch den Kopf, dass es so viele Leute gibt, denen es grundsätzlich gut geht, die aber so negativ, trübselig, düster und depri drauf sind, dass man sich sagt: „Mensch, Leute, besucht doch einfach mal Katharina Jensen, kauft ein schönes Kunstwerk von ihr! – werdet glücklich und genießt das Leben! Wenn ich Katharina zu einem Posten als Bundes-Motivations-Good-Vibes-und-Gib-niemals-auf-Ministerin verhelfen könnte, ich stünde sofort in den Startlöchern. Auch, wenn das Leben – nicht erst mit Corona – schon seit Jahren suboptimaler wird: Demokratie-Demontage, Korruption, Freiheits-Abbau, Bürger-Bevormundung, Kultur- und Umwelt-Vermüllung ist es an uns, dem entgegenzuhalten. Hasta la victoria siempre Katharina