Gurken Günter, Günter Fielmann – zwei Erste-Güte-Adressen des klassischen Hamburger Einzelhandels, die wir heute beide gerne unter die Marketinglupe nehmen wollen.
Allen voran: Gurken Günter vom Winterhuder Goldbekmarkt. Im Angebot: verschiedene, eingelegte Gurken-Spezialitäten sowie vorzügliches Sauerkraut und herrliches Kimchi. USP1: sehr, sehr köstlich. Weil von Hand aus Leidenschaft am guten Geschmack gefertigt. Zielgruppe: Hedonisten, Hippster, Freunde besonders delikater Hausmannskost. Postionierung: vom Goldbekplatz kommend, samstags auf dem Goldbekmarkt hinten, Mitte, links. Slogan: Gurken Günter. Werbespendings: ein (1) knackiges POS2-Plakat.
Vom großartigen Samstagserlebnis, wenn man als Winterhuder Leckerschmecker Gurken Günter begegnet, durfte lebalcony.de erst letztens berichten.
Wobei der Gang auf den örtlichen Markt oder zum lokalen Händler nicht nur individuelle Konsumpflege sondern auch kollektive Kultur-Mehrwerte mit sich bringt. „Buy local!“ „Support your local dealer“ seien hier als löbliche Parolen zitiert. Wenn es mir gut geht, soll es den Händlern meines Viertels auch gut gehen. Vice versa. Daher ist es in unserer Hood ja auch so schön: Vielfalt, Lebendigkeit, Attraktivität, Lebensqualität, allgemeines Wohlbehagen. Als Daumen-hoch-Stimulus verleiht die Redaktion von lebalcony.de von zehn möglichen für Gurken Günter:
Dann gibt es da noch diesen Optiker aus Hamburg, der mit einem kleinen Augenoptik-Fachgeschäft vor den Toren der Hansestadt groß geworden ist.
Einer, der einst die Marktlücke sah, die schaurig, grausamen Brillen unserer Eltern durch schicke, würdige Äquivalente zu ersetzen, um damit die Ära des hässlichen Deutschen endgültig zu besiegeln.
Millionen von Eltern wurden damals schlagartig schöner. Als Triumphator über die Einheitskassenbrille darf Günter Fielmann durchaus – wenn auch unbewusst – als maßgeblicher Förderer der Love- and Peace-Generation gesehen werden. Noch heute ist Fielmann seinem einst gelernten Optikerhandwerk treu geblieben und bietet auf dem Markt verschiedene Sehhilfen samt besonderer Zufriedenheitsleistungen feil. USP1: größtes Angebot zum günstigsten Preis. Zielgruppe: alle. Positionierung: vom Goldbekmarkt aus gesehen: Deutschlands ziemlich prägendster Optiker. Slogan: Brille: Fielmann. Werbespendings: im hohen achtstelligen Bereich. D.h.: Nach erster Ziffer stolze sieben nachfolgende Nullen. Ergo: > 10.000.000 Euro. lebalcony ist erfreut, sich hier keine wirtschaftlichen Sorgen machen zu müssen.
Und was meine Brille angeht, bin ich gerne Fielmann-Kunde. Was ich nur schade finde, dass Fielmann irgendwie die Freude an coolen Werbefilmen aus den Augen verloren zu haben scheint. Gab es doch mal von Fielmann solch zeitgeist-legendäre Spots wie „Detektiv“ und herzzerreißendes Kino wie „Regenwurm“. Neben Branding eben auch Emotion zu transportieren finden viele Leute echt gut. Außer mir schreiben da die wenigsten drüber, trotzdem darf man ja nicht vergessen, dass die einen oder anderen schon ein wenig genervt sind, ob dieser doch etwas einfallslosen Testimonials, wo vor laufender Kamera berichtet wird, wie toll doch alles ist. Das hat Fielmann eigentlich nicht verdient.
Wenn ich mir überlege, wie schnell, problemlos und fast schon lustvoll erlebnisreich mir eine Düsseldorfer Fielmann-Filiale erst kürzlich weitergeholfen hat, nachdem mir im dortigen Hotel die Brille vom Nachttisch fiel und ich am nächsten Morgen prompt draufgetreten bin. Statt einer schicken Brille hatte ich plötzlich zwei. Monokel. Ging auch, sah nur irgendwie uncool aus. Als Hamburger Kunde hat mir Fielmann damals in Düsseldorf noch am gleichen Tag einen neuen Brillenrahmen eingebaut. Kostenlos. Ein unvergesslich toller Service. Von Menschen, die mir glaubhaft vermittelten, dass es ihnen Spaß macht, bei Fielmann zu arbeiten.
Allerdings meine ich, dass coole Werbung auch einen gewissen Kunden-Service darstellen sollte. Bei reinem Branding, wie in den Testimonials, fühle ich mich als Kunde nicht ganz ernst genommen.
Als Daumen-hoch-Stimulus von möglichen zehn für Fielmann. Mangels angemessener Werbe-Emotion gibt’s daher leider einen weniger als für Gurken Günter:
Sam Lazay
lebalcony.de – coole Typen und Stories aus Winterhude bis darüber hinaus.
Nur für den Fall, falls es noch Nicht-Marketing-Experten geben sollte:
1 USP – Unique Selling Proposition – der einzigartige Produktvorteil.
2 POS – Point of Sale – also da, wo der Günter mit der Gurke winkt.
Das ist schon ein Unternehmer der alten Schule, der Fielmann. Kompliment zu dem Erfolg. Eben ein echter Hanseat. Hatte genau die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt. Spitzen-Satz übrigens: „Millionen von Eltern wurden damals schlagartig schöner“. Ha-ha-ha… Kann ich mich noch gut dran erinnern, als diese ollen Kassengestelle immer weniger wurden. Gott sei Dank. Jetzt machen die ja im Fernsehen irgendwas Neues.
Maik, du meinst diese Spots mit den verhaltensauffälligen Kindern. Das wär mir fürs breite Publikum zu kompliziert. Da ist man ja vorm Fernseher richtig gefordert. Vom erschöpften Feierabend-Regenerierenden erfordern die Spots schon sehr viel ambitionierte Konzentration, wenn er sich in der Werbepause das nächste Bier holt, um dann noch die Kurve zum Optiker zu kriegen. Wer da nicht scharf, wie ein Wachhund aufpasst, könnte da schnell raus sein.
Ich bin ja eher Freund plakativer, einfacher Ideen. Aber wie auch immer, vielleicht will man ja akribische Beobachter, minuziöse Späher und feinsinnige Verhaltensforscher als neue Zielgruppe gewinnen. Man ist da ja nicht so drin – bei dem was sich die Marketingabteilungen hier strategisch so ausgedacht haben.
Aber cool, dass wir uns beide – auch wenn wir damals Kinder waren – noch an Fielmanns Meilenstein des Marketings erinnern als er Deutschland aus der Geiselhaft des Kassengestells genommen hat.
Der phantastische Service, die Auswahl an Brillen, die Zuverlässigkeit, die Geschichte einer Erfolgsgeschichte, das ist die Werbung die zählt. Das ist Emotion und Realität in Einem. Fielmann eben.
Ich bin seit vielen Jahren begeisterte Kundin.
Das sieht lebalcony.de genauso: Pioniere waren schon immer schwer im Trend. Und da zählst du vor allem auch dazu, Bettina.