Reichsmarschall H. Göring, Chief Executive Head of NS-Luftwaffe und -Bunkerbau hat sich durchaus was dabei gedacht, als er damals unter anderem auch den Hochbunker im Winterhuder Kuhnsweg errichten ließ. Der fünfstöckige Klotz inmitten eines Wohnkarrees ist vor allem eins: unkaputtbar. Wie sonst hätte der Bunker einem Dauer-Bombardement mit bis zu 5,5 Tonnen schweren Sprengbomben und Luftminen standhalten können, die damals über Hamburg abgeworfen wurden.

Sprengbomben: dafür konzipiert, in verschiedensten Gewichtsklassen möglichst große Krater in Straßen und Gebäude zu reißen.

Luftminen: radieren per Mega-Druckwellen im Umkreis von 100 Metern Brandschutzmauern samt ganzer Häuser weg. Alles mitten in der Stadt. Bei Familie, Freunden, Nachbarn. Was darf sich der Großteil von uns glücklich schätzen, solch einen Kriegshorror nicht miterlebt haben zu müssen.

Bombensicherer Bauweise und besonderer Materialhärte sei Dank, hat der Bunker allem getrotzt: Granaten, Raketen, jeglichem Kriegsgerät, mit dem er sonst noch malträtiert wurde.

Wer jetzt auf die Idee kommt, ein solches 7000 Tonnen-Stahlbeton-Monstrum in einem Wohnviertel mal eben mit Presslufthämmerchen und Betonfräse sauber in der Bio-Tonne für historische Abfälle zu entsorgen, muss vermutlich ein Bau-Senator oder der ehemaliger Oberbürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg sein, der sich in der lauschigen Laube seiner Villa im Grünen in der Nase bohrt, um dort auf vermissten Volksvertretungs-Sachverstand zu stoßen.

Der Bunker soll jetzt nämlich verkauft werden. Eigentümer ist der Bund. Die Stadt Hamburg hätte ein Vorkaufsrecht. Allerdings nur, wenn der Bunker von der Stadt Hamburg in sozialen Wohnraum umgewandelt wird. Dazu hat Hamburg dem Bund bereits ein Preisangebot unterbreitet, was dem Bund aber zu wenig ist.

Chef des Bundesamtes für Immobilienangelegenheiten (BImA) ist automatisch der Bundesfinanzminster – und damit sinnigerweise unser früherer Bürgermeister Olaf Scholz. Aus welchen Gründen auch immer, Scholz Hamburg nicht entgegenkommt, um den Verkauf des Bunkers an die Stadt zu unterstützen, lässt durchaus Zweifel am S der SPD aufkommen. So ist es geradezu das Ausrollen des roten Teppichs für die Immobilien-Spekulanten dieser Welt, den Bunker höchstbietend zu ersteigern, ihn aus Rendite-Gier komplett platt zu machen und wie schon zuletzt in der Forsmannstraße geschehen, durch einen Neubau höchstpreisiger Luxuswohnungen zu ersetzen. Ausverkauf von Stadtteilkultur nennt sich das im Fachjargon.

https://youtu.be/dQTZj8ok5FA

Kleine Hörprobe gefällig? Bitte sehr. Tagtäglich aufgeführt in der Forsmannstraße. Allein der Abriss des Bunker-Spektakels dauerte fünf Monate. Diverse Anwohner mussten wegen des unabsehbaren Lärm-, Staub- und Erschütterungs-Terrors aus Verzweiflung ihre Wohnungen aufgeben.

Warum unser Senat und unser Ex-OB im Falle eines Abrisses die zig Millionen Rendite einzelner Luxuswohnungs-Spekulanten vor die Interessen hunderter bis tausender Stadtteil-Anwohner stellt, lässt zu Recht den einen oder anderen Bürger fragen, was das im demokratischen Sinne noch mit der Bezeichnung Volksvertretung zu tun haben soll?

Warum kann die Stadt Hamburg den Bunker nicht kaufen und ihn in dringend benötigten Wohnraum umbauen?

https://www.welt.de/regionales/hamburg/article121939165/Wohnen-im-Bunker-wird-immer-beliebter.html

So, wie das von anderen klugen Planern und richtungsweisenden Mitdenkern auch praktiziert wird.

Gestern Abend fand dazu eine Sitzung der Bürgerinitiative Wir-sind-Winterhude im Goldbekhaus statt. Die Initiative ist eine tolle Sache, die man lobpreisen, gut finden und respektierlich nur befürworten sollte. Schließlich engagieren sich da intelligente, sachkundige Anwohner gegen den Ausverkauf unseres Quartiers.

Fünf Freunde von lebalcony.de, des „kleinen“,unbeugsamen, erst vor einem halben Jahr entstandenen Blogs über „coole Typen, Projekte, Momente aus Winterhude und darüber hinaus“, waren auch bei der Sitzung. Besonders Bea und Manu glänzten mit besonderer Expertise zur Optimierung der Situation.

Ansonsten stellten wir fest: Grundsätzlich ist es toll, eine Bürgerinitiative zu haben. Genauso wie einen Senat. Nur müssen das die Leute auch mitkriegen – und dürfen sich nicht sagen: „Das bringt doch eh nichts. Die machen doch sowieso was sie wollen!“

Ja! – wenn man schon im Vorfeld resigniert und nur noch auf den Bestatter wartet, dann bringt das wirklich nichts. Richtig! Also haben wir von lebalcony.de beschlossen, hier etwas den Demokratie-Motivations-Turbo einzuschalten:

Die lebalcony.de-Veröffentlichung vor fünf Tagen am 12. Oktober wurde bereits von hunderten interessierten Winterhudern aufgerufen. Viel zu wenig, aber immerhin.

Ebenso die Veröffentlichung vom 16. Mai 2018. Zumindest darf sich lebalcony.de glücklich schätzen, seinen Anteil an „etwas“ mehr Interesse an jener Initiative zu haben.

Was hat der Abend jetzt gebracht?

Nun ja:

Hunderten bis tausenden Anwohnern rund um das „Krisengebiet“ wurde bestätigt:

• dass sich ein 7000 Tonnen-Stahlbeton-Problem in unserem Viertel anbahnt!

• dass die klare Bunker-Kante diffus, die Verunsicherung dafür um so größer ist!

• dass man sich zu Recht die Frage stellt, ob die Abriss-Initiatoren wissen, dass die gesamte Gegend ein ehemaliges Moorgebiet ist – und viele Häuser schon jetzt die Neigung haben, sich etwas unsolide zu behaupten!

• dass niemand einen Plan hat, wer die Regulierung von Erschütterungs- oder Gemäuerschäden von Miet- oder Immobilien-Eigentum durch den Bunker-Abriss übernimmt!

• dass es ganz sicher keinen einzigen Anwohner gibt, der oder die es begrüßt, dass auf ihre Kosten, gesundheitlicher, zeitlicher und finanzieller Natur ein weiter charakteristische Hamburger Stadtteil-Kultur demontiert wird!

• dass keiner weiß, wie die Anwohner für das monatelange Lärm-, Dreck-, Erschütterungs-Szenario und eine unzumutbare Wohnsituation entschädigt werden.

• dass es nicht angehen kann, dass auf Kosten der Bürger hier schon wieder irgendeinen Spekulant sein Rendite-Extra-Bunker-Bonbon lutscht!

• dass durch monatelange, staubige Abrissarbeiten des Bunkers der Farbton Göring-Grau das Viertel einhüllen und prägen wird!

• dass es auf Senatsseite niemanden gibt, der oder die sich für die Beantwortung der dringenden Fragen verantwortlich zeigt!

• dass Mankos in der Kommunikation schon so manches persönliches oder gesellschaftliches Ungemach provoziert haben.

• dass man nach der Sitzung mit dem suboptimalen Gefühl politischen Hilflosigkeit – und trotzdem voller demokratischer Motivation nach Hause ging!

Natürlich könnte man jetzt sagen, dass ja „nur“ hunderte bis tausende Anwohner eines Hamburger Stadtteils betrifft. Doch auch wenn sich nur wenige aufraffen konnten und sich noch weniger engagieren, heißt das nicht im Umkehrschluss, dass es die restlichen Betroffenen alle gut finden, was hier im Viertel passieren soll.

Das könnten teilweise ebenso auch politisch Enttäuschte, demokratisch Resignierte und sozial Entkräftete sein, über die man sich, wenn sie überhaupt noch zur Wahl gehen, dann auch nicht mehr wundern muss, was sie wählen.

Daher ist lebalcony.de sich nicht zu schade, unsere Nachbarn mit dem jetzt dritten Beitrag über die kunterbunte Spekulations-Lage zum Kuhnsweg-Bunker zu informieren.

1. Artikel vom 16. Mai 2018

Kuhnsweg. Auf diesen Bunker können wir bauen.

 

2. Artikel vom 12. Oktober 2018

Kuhnsweg-Bunker – da geht was!

Was lernen wir aus der aktuellen politischen Situation am Kuhnsweg – und auch sonst in unserem Lande? Die Schlagzeile des jüngsten ZEIT-Titels bringt es auf den Punkt:

Die meisten von uns dürfen sich glücklich schätzen, das faschistoide NS-Regime in unserem Land und daraus resultierenden Weltkrieg nicht miterleben zu müssen.

Um so wichtiger ist es, sich zu Bewusstsein zu führen, wie wertvoll unsere erlangten demokratischen Rechte sind. Und dass man sie aus reiner Bequemlichkeit nicht einfach ungenutzt lassen darf. Allein für diese Erkenntnis sollte der Bunker als Mahnmal stehen bleiben.

Idealerweise auf bestehender, sensationell solider Bausubstanz. Ummodifiziert in nutzbaren Wohn- und Lebensraum.

Jeder der hier lebt, arbeitet, wohnt und das Viertel zu dem gemacht hat was es ist, hat ein Recht darauf zu erfahren, wie es hier mit seinem gemieteten oder käuflich erworbenen Eigentum weitergeht.

Deshalb, seid laut! Zeigt dass das eurer Viertel ist! – und nicht das von anonymen Spekulanten oder nasebohrenden Senatoren! Ruft eure Volksvertreter, Ämter und Behörden an! Schreibt Briefe an die Damen und Herren Senatoren und Finanzminister mit Bitte um verbindliche Stellungnahmen.

Verlangt Antworten auf eure Fragen! Versucht, so wie ich es mache, an die Presse zu gehen. Noch funktioniert unser demokratisches System. Aber nur, wenn wir uns weiter dafür stark machen. Und es nicht kampflos irgendwelchen Spekulanten oder deren politischen Helfershelfern überlassen.

Es muss immer darauf ankommen, was WIR daraus machen:

Sam Lazay, lebalcony.de