Zu einer besonders delikaten Ménage à troi war ich gestern mit meinen wunderbaren Nachbarinnen Manu und Viktoria verabredet. Voller Vorfreude auf zwei leckere Begegnungen der extra-opulenten Art, die sich seit sieben Tagen unter den Deckeln zweier Schmortöpfe befinden.

Manu hat zum verheißungsvollen Sauerbraten in zwei Variationen geladen. Einmal klassisch nach bewährter Manus Oma Art und einmal als zeitgenössisch kreative Interpretation mit Himbeeressig. Als Beilagen wurden Selleriepürree, Knödel und Wirsing gereicht.

Für den Braten wollte Manu ursprünglich extra aufs Land fahren, um uns von einem Bauer, der mit seinen Rindern in einer offenen Stall- und Weide-Beziehung lebt, mit gesunder Fleischeslust zu erfreuen. Wie wir wissen, fährt Manu ausgesprochen gerne und vor allem zügig:

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Mit Manu am Volant wäre dem auswärtigen Rind ganz sicher eine rekordverdächtig schnelle Spritztour in unser schönes Hamburg Winterhude garantiert gewesen. Doch da ich Manu vom famosen Metzger Geiselhart bei uns auf dem Goldbekmarkt berichtete, blieb die PS-Schleuder ökologisch vorbildlich in der Garage. Und bei Metzger Geiselhart wanderte ein pralles „Bürgermeisterstück“ in Manus Einkaufskörbchen.

Wie bei jedem Braten ist natürlich das Wichtigste der Braten selber, samt Respekt vor dem Leben auf der Weide. lebalcony.de sagt ganz klar „Nein!“ zu entarteter Massentierhaltung und perversen Ausgeburten eines abnormen Konsumzwangs: Industrie-Fleischfabriken – das gleiche, als wenn Bierbrauer nicht mehr nach dem Reinheitsgebot sondern mit Chlorwasser aus dem Kinderplanschbecken brauen. So schmeckt’s dann auch. Vom grundsätzlichen Verlust jeglicher Würde gegenüber dem Leben ganz zu schweigen.

Merke: Was keinen gesunden, natürlichen Reifeprozess durchlebt, kann nie wirklich lecker und authentisch munden. Die Tatsache allerdings, dass es eine natürliche Nahrungskette gibt, kann nicht darüber hinweg täuschen, dass gegenseitiges Vernaschen seit Anbeginn allen Lebens ein völlig normaler Prozess ist.

So gönnte sich der Tyrannus Saurus Rex zum Lunch sein Urschwein. Der Säbelzahntiger zum Dinner seinen Neandertaler. Der Hai die Robbe, ganz selten mal den Taucher. Der Grizzly den Lachs, ab und zu den Trapper. Dass sich der Mensch seit ein paar Jahrtausenden die Rolle des Spitzenprädators am Ende der Nahrungskette gesichert hat, ist, zugegeben, in manchen Fällen ein durchaus bedauernswerter Umstand.

Schade, dass es kaum noch freilaufende Homo sapiens-Genießer aus Mutter Natur gibt. Zwei, drei Kandidaten wüsste ich schon, die ich gerne als Abendmahl für Familie Säbelzahn empfehlen könnte.

Aber zurück zu Manus zwei mal 800 Gramm glücklichen Landlebens, die jetzt ganze sieben Tage lang in jeweils einer Marinade aus Essig, Wein, Zwiebeln, Karotten, Sellerie, Lauch sowie Lorbeer und Gewürznelke sowie einer Marinade mit deutlichem Rotwein- und Himbeeressig-Anteil eingelegt waren.

Warum ein Sauerbraten so lange ziehen muss? Darauf weiß Manu die fachkundige Antwort: Die verschiedenen Säuren in Essig und Wein sind nicht nur zuständig für die feinen, säuerlichen Geschmacksnoten. Sie sind vor allem auch dafür verantwortlich, dass im Fleisch Teilchen für Teilchen des Bindegewebes aufgelöst werden. Was die Substanz insgesamt lockerer, mürber, zart und zärter macht. Von „sieben Tagen Zärtlichkeit“, die der Sauerbraten in seiner Marinade genießt, sprechen hier wahre Connaisseure – mit einem Schnalzen in der Zunge.

Gemüse und Gewürze leisten dabei ihren zusätzlichen Beitrag für eine aphrodisierende Fülle des Aromas. Pro Tag arbeitet sich die Marinade etwa einen Zentimeter durch das Fleisch. Länger als sieben Tage sollte man das allerdings nicht praktizieren, sagt Manu. Denn dann könnte es passieren, dass es kritisch wird und sich insgesamt subversive Energien entwickeln, weiß Manu aus den Erfahrungen ihrer Oma zu berichten.

Und wenn das die Oma sagt, dann ist dem bedingungslos Folge zu leisten. Wie unschwer zu vermuten, muss Manus Oma die Queen-Mom aller Sauerbraten-Königinnen sein. Daher: einen ganz besonders herzliches Dankeschön an Manus Oma! – und danke auch für ihre tolle Enkelin!

Ja, ich bin immer wieder überrascht, was ich von meinen klugen Nachbarinnen so alles lernen kann. Nicht umsonst bereichert Manu mit ihrer Finesse einen der größten Hamburger Schifffahrts- und Industrie-Companies. Nein, nicht als Chef de Cuisine, sondern als Ingenieurin der Verfahrenstechnik.

Wir lernen: der perfekte Sauerbraten – eine Frage der Verfahrens- und der Einlege-Technik. Und einer gesunden Enkelin-Oma-Beziehung.

Dem kann auch Viktoria unter betriebswirtschaftlichen Aspekten nichts weiter hinzufügen. Als Master of Business Administration bilanziert Viktoria einen überproportionalen Genussfaktor bei maximiertem Lustmoment. Jawoll! – Viktoria und ich attestieren Manu die Benchmark of Sauerbraten Performance Management vom allerfeinsten.

Danke, Manu, dank dir, alle glücklich. Nur einer war sauer: der Braten. Und das gleich zwei mal. Ob jetzt geschmacklich die Oma- oder die Himbeer-Variante das Sauerbraten-Rennen gemacht hat? Beide waren fantastisch. Einer köstlicher als der andere – und zärtlicher sowieso.

Sam Lazay, lebalcony