Bis zur Halbzeit blieb es auch wegen des frühen Führungstores der Belgier ruhig in den Fankurven. Und trotz Brexit/EU-Disputs kam es sogar zu freundschaftlichen Annäherungen. Wie hier zwischen Claudine Clarke, der Vorsitzenden der englischen Football Association und Sir Wolfram, Earl of Smoking Enjoyment, dem belgischen EU-Kommissar zur Förderung grundsätzlich entspannter Momente.

Glücklichen Umständen ist es geschuldet, dass Sir Wolfram Early in the morning heute noch die Zeit fand, vom feierlichen Anlass des Geburtstages seiner lieben Mama in Sète, Frankreich mal eben schnell nach St. Petersburg rüber zu jetten, um hier mit richtungsweisendem Spirit für das morgige Finale zu glänzen.

Wenn morgen auch noch meine schnellste Nachbarin der Welt mit mindestens 50 Kronenbourg aus Frankreich wieder zurück nach Hamburg kommt, sollte der WM-Krone für die Grand Nation eigentlich nichts mehr im Wege stehen.

Doch aktuell schaut die Welt auf Harry Kane und Trent Alexander-Arnold, 19 Jahre (Oh My Godness! – da hatt’ ich noch nicht mal Abi) gegen die belgische Rentnertruppe, Ø: 27,13 Jahre (da war ich grad mit dem Studium fertig).

Passend zu den weltweit konservativen Strömungen machen die belgischen Senioren den englischen Kiddies ordentlich Dampf.

Doch ganz ehrlich, grundsätzlich würde ich diese Regel mit dem Spiel um den dritten Platz wieder abschaffen. Es geht doch eigentlich um nix mehr. Und ob das ein schönes Spiel wird, ist, wie wir hier sehen, auch zu bezweifeln. Nach „Second ist the first looser“ muss in der Konsequenz geschlussfolgert werden: „Third is even the second-rate looser“. Außerdem gibt es ja auch keine vierte, fünfte oder andere Platzierung, auf die man irgendwie stolz sein könnte.

So, wie mein früherer Sportsfreund und Trainingspartner Laki zum Beispiel, die wir einst beim ersten Sindelfinger Triathlon den ehrenwerten 75. und 76. Platz belegten. Insider wissen, dass man das auch als vorletzten und letzten Platz bezeichnen könnte. Aber das sei hier nur am Rande erwähnt. Laki und ich waren damals super-mega-fit, vermutlich in der Form unseres Lebens, weil wir beide wie die Blöden fürs Sport-Abi trainiert haben.

Manchmal haben wir uns spontan in unsere Lauf-Klamotten geworfen, sind mal zwischendurch von Sindelfingen Mitte zu meiner damaligen Freundin, Lisa, an den letzten Zipfel von Böblingen gelaufen, haben uns dort von Lisas Papa im Garten ein wunderbares Maisels Hefeweizen verabreichen lassen – manchmal auch zwei – und dann sind Laki und ich die acht Kilometer wieder zurück gelaufen.

Doch weil wir damals auch so herrlich jugendlich blöd waren und so, wie es alle anderen auch taten – an den Vortagen nicht mal grob die Triathlon-Fahrradstrecke mit dem Auto abgefahren sind, hatte das zur Folge, dass wir uns während des Triathlons in der Pampa gnadenlos verfahren haben und statt der 40 km nachweislich mindestens 60 in den Waden hatten. Damals war man ja noch ohne GPS oder Smartphone unterwegs und musste im Zweifelsfall den Bauern am Wegesrand nach der Richtung fragen. Und der hat meist geantwortet: „Wos? Wie? Triathlon? Kenn i net!

Irgendwie haben wir es dann doch noch geschafft, wieder auf die richtige Spur zu geraten. Und stolz bin ich bis heute auf uns beide. Besonders auf Laki, der nach unserer 20 km Radfahren zuviel in der anschließend, letzten Lauf-Disziplin trotzdem die schnellste Einzelzeit von allen gelaufen ist. Einen Rekord durfte ich bei der Veranstaltung zumindest auch verbuchen: in der ersten Disziplin, dem 1,5 km Schwimmen, konnte ich wiederum die schnellste Einzelzeit klarmachen. Ja, das konnte ich schon immer ganz gut und ein ungeduldiger Charakter bin ich seit jeher. Lieber jetzt Gas geben, als wenn es zu spät ist.

Unseren Kollegen aus der Disziplin Fußball sei bei der Gelegenheit ebenfalls an die glorreichen Tage der vielen unbekannten Helden der Kreis-, Landes- und Verbandsliga von einst erinnert. lebalcony möchte ihnen heute das zukommen lassen, was ihnen gebührt: Respekt und Achtung für ihre herausragenden Leistungen in den Dorfarenen der Welt. Wäre unseren früheren Lokal-Gladiatoren nicht was dazwischen gekommen: Häusle, Familie, G’schäft… G’schafft hätten sie’s bis zur WM. Garantiert.

Die Würdigung unserer heimatlichen Sports-Idole für ihr unbändiges Talent ist also längst überfällig. Da die Namen der wackeren Streiter von einst nicht mehr bekannt sind, erlaubt sich lebalcony, ihre Fotos repräsentativ durch die Namen unserer aktuellen Fußballhelden zu ersetzen. Um ihnen so angemessene Vertreter samt gebührender Schlagzeile zu widmen. Durch eure tapfere Vorarbeit wurden vier Weltmeistertitel erst möglich. lebalcony hofft, dass ihr in vier Jahren ein paar mehr Schippen eurer Good old Vibes drauflegen könnt.

Zeitpunkt der damaligen Veröffentlichungen: ca. 1983 bis 1987.

Medium: Sindelfinger Zeitung.

Bildagentur: Stampe

Fotograf: Sam Lazay

Ligen: Kreis-, Bezirks-, Landesliga Baden Württemberg.

Background: Fürs Studium benötigte ich damals ein Praktikum. Da ich schon mit fünfzehn erste Karikaturen an die Sindelfinger Zeitung verkaufen durfte, konnte ich mich schon früh über erste Connections freuen, die mir später den Weg zur örtlichen Bildagentur Stampe ebneten. Mit deren Chef, Friedrich, verstand ich mich auf Anhieb prächtig. Ich hab’ sauviel von ihm gelernt, einen Mordspaß mit ihm gehabt. Und: bis heute wüsste ich, wie man mit einem Nikkor 300mm/2.8 im Dunkeln aus der Hand mit einer 1/15 Sek. fotografieren und ein gestochen scharfes Bild bekommen kann, einen Ilford HP5 auf 3200 ASA pusht, blind in der Dunkelkammer entwickelt und am Vergrößerer zu einem perfekten Bild abwedelt. Ja, Fotografieren war mal echt kompliziert. Weil ich soviel gelernt habe und weil es mir ein Riesenansporn war, selbst beim übelsten Dorfgebolze, wenigstens ein würdiges Foto zu schießen, fragte mich Friedrich, ob ich nach meinem Praktikum nicht als freier Fotograf bei ihm arbeiten wolle? Grübel, grübel… coolster Chef der Welt… Superstressiger Job, aber immer im Dienst der guten Sache… XXL-Spaßfaktor und feiner Lifestyle während des Studiums… Will sagen: ich hörte mich nicht Nein sagen. Und so habe ich mich neun Semester lang, jedes Wochenende auf Fußballplätzen, Schützenvereinen, Motocross-Weltmeisterschaften, Bürgermeister-Ehrungen, Rock-Konzerten, Sommerschlussverkäufen, Sport-Veranstaltungen jeglicher Couleur wiedergefunden: Feldhandball, Beiwagenrennen, Traktor-Pulling, Langbogenschießen… Einzig und allein Disziplinen wie der „Iron Man auf Hawaii“ blieb meinen Kollegen der aktuellen Pressefotografen vorbehalten.

Oh ja, es bleibt spannend! Bis zum nächsten WM 2018-Beitrag – täglich kurz nach fünf – auf lebalcony. Und morgen zum Finale FRA-KRO, dank Manu, mit ganz, ganz viel Kronenbourg…

Sam Lazay