Liebe Freunde des Hamburger Stadtbildes, die schnuckelige Stadtvilla in der Averhoffstraße 26, die hier so wacker der bedrohlichen Luxuswohnungs-Architektur trotzt, braucht dringend eure Unterstützung.

Um stadtteilprägende Kulturdenkmäler zu wahren.

Laut einem sehr löblichen facebook-Post der CDU-Bezirksfraktion Hamburg-Nord liegt für das charmante, architektonische Uhlenhorster Unikum seit diesem März eine Baugenehmigung vor. Wann wieder ein Stück Hamburger Stadtbild-Liebreiz abgerissen und der Luxuswohnungs-Rendite-Gier zum Opfer fällt, ist noch unklar.

Doch soll hier entsprechend der CDU-Anfrage ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen und einer Tiefgarage entstehen. Im Internet wird bereits der Verkauf der Luxus-Wohnungen, die 2021 bezugsfertig sein sollen, angepriesen. 56.77 m² für 709,800 €. Ja, kann man mal aufrufen. Bei weiterem Interesse einfach mal googeln:

https://stolza.de/properties/41-Eigentumswohnung-Kaufen-in-Hamburg-Uhlenhorst-2-Rooms-Zimmer-Objektnummer-AS26HH/

Natürlich soll es Hamburger Immobilien-Geschäftemachern auch gut gehen. Aber mit Fertig-Immobilien von der Stange das charakteristische Hamburger Stadtbild immer mehr dem einer piefigen Provinzvorstadt anzugleichen, kann doch nicht wirklich im Sinne langfristiger Hamburger Städteplanung sein.

Zu Recht fragt sich der eine oder die andere, wer hier nach welchen Kriterien das Thema Denkmalschutz auslegt? Dass die über einhundert Jahre alte Villa in der Averhoffstraße 26 ihren ganz eigenen, besonderen Zauber versprüht, sollte auch für weniger stilsichere Zeitgenossen ersichtlich sein.

Mit Verlaub, erinnere ich daran, mit welchen Komplikationen sonst bei einer über einhundertjährigen Immobilie der Einsatz neuer Türen, Fenster, Fensterläden oder Treppenhausbeleuchtungen verbunden sein kann. Aber das amtliche Ex-und-hopp-Urteil gegenüber einem gestandenen, populären Kulturgut – kein Problem. Platt machen! Weg damit! Her mit dem völlig stadtbildkonträrem Husch-Husch-Neubau des Investoren XY!

Recherchen einer großartigen, engagierten lebalcony-Leserin aus der direkten Nachbarschaft der Averhoffstraße ergaben, dass das Grundstück bis vor Kurzem einem Herrn Nöll gehören muss, der das Gebäude von Ibiza aus seit mehreren Jahren unbeaufsichtigt verrotten ließ.

Mit der Folge, dass sich drei illegale Wohnungsbesetzer der Immobilie angenommen haben und diese zum Eigennutz okkupieren. Was so bedauerlich wie auch verständlich ist. Ich finde, man ist als Immobilienbesitzer in einem der stadtbildprägendsten Gegenden Hamburgs auch verantwortlich, jene Häuser weder optisch verkommen zu lassen noch der Wohnsituation einer extrem stark frequentierten Metropole wie Hamburg provokativ zu entziehen.

Ferner ist festzustellen, dass Herr Nöll kein Freund hanseatischer Handschlags-Abkommen zu sein scheint, da mindestens eine Hamburger Designerin mit Arbeiten für sein Balearen-Domizil beauftragt – aber nie honoriert wurde. Geschäftsgepflogenheiten, die auf wenig hanseatische Kaufmannsehre und würdige Identifikation mit unserer Stadt schließen lassen.

Trotzdem finde ich, sollten sich Immobilien-Eigentümer in Liquiditätsengpässen befinden, sollte eine kulturambitionierte Stadt wie Hamburg gegebenenfalls auch Beistand zur Lösung des Problems leisten. Behördliches, eigeninitiatives Engagement bedarf natürlich gegenüber dem üblichen Versenden von Bußgeldbescheiden, Strafbefehlen, gerichtlichen Anhörungen wegen Terminversäumnissen einer besonderen Art der Begeisterungsfähigkeit zu Gunsten unser aller Gemeinwohls.

Gegebenenfalls könnte da noch etwas an der bürokratischen Grund-Motivation gearbeitet werden. Gut, dass es lebalcony.de, die Orientierungshilfe für ein harmonischeres Miteinander gibt.

Auch das Argument, dass die Villa in der Averhoffstraße 26 nicht mehr ohne weiteres bewohnbar ist, halte ich für absoluten Quatsch und völlig unreflektiertes Protegieren von Investoreninteressen.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man um die Jahrhundertwende von 1800 auf 1900 einfach viel solider gebaut hat. Und dass man selbst eine Ruine wieder in Stand setzen kann.

Man muss es nur wollen. Man darf dabei eben nicht nur die eigenen oder die Rendite-Interessen der Spekulanten im Kopf haben. Ich bin selber Eigentümer einer Immobilie jener Epoche und kann aus Motivationsgründen nur bestätigen, dass es Spaß macht, sich an historischen Kulturgütern zu erfreuen, erhaltende Werte zu schätzen und Respekt vor jahrhundertealter, bewundernswerter Stadtbildprägung zu praktizieren.

Gerne kann man sich alternativ natürlich auch über nicht stilgerechte, als Luxus deklarierte Architektur von der Stange freuen. „Luxus“, der mit Nachhaltigkeit und Stadtteil-Adäquanz nicht das geringste zu tun hat. Finden wir das gut? Finden wir nicht!

Gibt es doch Bauwerke, die stehen seit tausenden von Jahren. Mercedes oder Porsche bewältigen problemlos hunderttausende von Kilometern. Und werden bei entsprechender Pflege Jahr für Jahr immer wertvoller. Themen wie Qualitätsbewusstsein, Nachhaltigkeit, Erneuerbare Energien sind seit Dekaden aller Munde Kunde.

Im Sinne des Gemeinwohls kann man es auch einfach mal so sehen: Prägende Jugendstil-Architektur im Hamburger Stadtbild ist Lebensqualität für alle. Für alle Hamburger. Für alle Touristen, Reizentdecker, Sehleute, Staunende, Wahrnehmer, Kulturliebhaber, Nachhaltigkeitsfreunde. Für alle Zeitgenossen mit natürlicher ästhetischer Empfindung. Selbst für alle ohne jeden Sinn für Form und Stil – denn die könnten es sich immerhin von allen anderen – oder zumindest den Lesern von lebalcony.de  bestätigen lassen.

Also, warum nicht solch wichtige, architektonische Juwele wieder flott machen, modifizieren zeitgemäß aufwerten! Statt sie achtlos zu schreddern und Hamburgs einzigartige Stadtteil-Charaktere mit billig hingeklotzten Luxuswohnungen kaputt zu machen. „Luxus“ spielt sich da definitiv nur für ganz minimal Wenige ab, die sich in diesen „Luxus“-Bunkern hinter verschlossenen Türen schön einrichten können.

Alle anderen dürfen ob der „Luxus-Neubau“-Stadtbild-Zerstörer verschämt weggucken – und sich die Frage stellen, warum unsere Stadtteile durch diesen Luxus-Appartement-Schrott architektonisch so verhunzt und ihrer kulturellen Identität beraubt werden?

Die Verantwortlichen für diese architektonische Ex-und-hopp-Mentalität sollten sich schämen und in die Ecke stellen! Die schönste Stadt der Welt und ihre Architektur hat definitiv mehr Wertschätzung und Respekt verdient. Schade, wenn Hamburg immer mehr auf den Kurs gerät, mal schönste Stadt der Welt gewesen zu sein.

Daher: unterstützt diese Intention mit einem Kommentar! – um anderen zu signalisieren, dass Hamburg nicht zum reinen Spekulanten-Weideland verkommen darf, das dann irgendwann mal aussieht wie Bitterfeld oder Castrop Rauxel.

Oder beschwert euch direkt beim Bezirksamt Hamburg Nord. Oder lasst uns als Wahrer charakteristischer Hamburger Stadtbilder eine Bürgerinitiative gründen. Noch ist die Averhoffstraße 26 nicht ganz verloren.

Sam Lazay

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