lebalcony wünscht für nachher ein frabelhaftes Halbfinale. V.l.n.r.: Paul Bogba lupft den Ball zu Kylian Mbappé. BEL-Verteidiger Thomas Vermaelen sucht sein Spiel. Leander Dendoncker scheitert am Mbappé-Gegen-Pressing. FRA-Schlussmann Hugo-Camenbert Lloris rollt das Feld von hinten auf. Im Hintergrund: die Basilius Kathedrale.

Zugegeben, mit Belgien assoziiere ich wunderbare Biere, den fünffachen Tour de France-Gewinner Eddy Merckx und eine typographisch sehr versierte Ex-Studentin von mir, die mir mal ein wunderbares Logo für einen bayerischen Weißwurst-Hotdog designte. Das sind immerhin schon mal drei positive Bullet Points ungestützter belgischer Brand Awareness. Addiert man jetzt noch den ganzen Brüsseler EU-Irrsinn dazu, geraten Stella Artois, Eddy Merckx und das Hotdog-Logo imagemäßig möglicherweise etwas ins Hintertreffen.

So gesehen ist mir Frankreich, wo mir meine Eltern schon als Kind die Freuden von La Vie en Rose, Savoir Vivre, Haute Cousine schmackhaft machten, wesentlich näher. Franzosen sind cool, schick, verwegene Abenteurer, Musketiere, keine Paragraphenreiten.

Meine Lieblings-Franzosen: Francoise Villion (ja, der so wild nach einem Erdbeermund), Brigitte Bardot (BB – echte Connaisseure wissen, es gibt unerotischere Autokennzeichen als BB. Dort, wo ich groß wurde, fährt man BB. Als Sindelfinger Mo-Town-Kid des Kreises Böblingen freu’ ich mich bis heute – wenn ich meine Eltern besuche – über diese schönen Nummern), Michel Picolli (ganz groß im großen Fressen), René Goscinny („Die spinnen, die Römer!“) René Arnaux (im Zweikampf mit Gilles Villeneuve bewies 1979, dass die Formel 1 mal richtig aufregend war. Sogar spannender als jedes BB-Kennzeichen: https://www.youtube.com/watch?v=JeLK9UftveA ) Coco Chanel (maßgeblich verantwortlich, dass Franzosen meist sehr gut riechen) MC Solaar (Paradisiaque), Olivier Nakache (ziemlich bester Maserati-Drehbuchautor) Jean Gabin (bestes Modigliani-Tattoo ever), Jane Birkin et Jean Gainsbourg (auf dass sie sich immer lieben mögen). https://www.youtube.com/watch?v=k3Fa4lOQfbA ). Will sagen, ich hab’ im Kühlschrank reichlich Kronenbourg 1664 und würde mich über einen Sieg der Équipe Trikolore sehr, sehr freuen…

Zu Ehren der damaligen Sportsfreunde und als kleine Reminiszenz an vergangene glorreiche Tage möchte lebalcony an die vielen unbekannten Helden der Kreis-, Landes- und Verbandsliga von einst erinnern. lebalcony will ihnen heute das zukommen lassen, was ihnen gebührt:

Respekt und Achtung für ihre herausragenden Leistungen in den Dorfarenen der Welt. Wäre unseren früheren Lokal-Gladiatoren nicht was dazwischen gekommen: Häusle, Familie, G’schäft… G’schafft hätten sie’s bis zur WM. Garantiert.

Die Würdigung unserer heimatlichen Sports-Idole für ihr unbändiges Talent ist also längst überfällig. Da die Namen der wackeren Streiter von einst nicht mehr bekannt sind, erlaubt sich lebalcony, ihre Fotos repräsentativ durch die Namen unserer aktuellen Fußballhelden zu ersetzen. Um ihnen so angemessene Vertreter samt gebührender Schlagzeile zu widmen. Durch eure tapfere Vorarbeit wurden vier Weltmeistertitel erst möglich. lebalcony hofft, dass ihr in vier Jahren ein paar mehr Schippen eurer Good old Vibes drauflegen könnt.

Zeitpunkt der damaligen Veröffentlichungen: ca. 1983 bis 1987.

Medium: Sindelfinger Zeitung.

Bildagentur: Stampe

Fotograf: Sam Lazay

Ligen: Kreis-, Bezirks-, Landesliga Baden Württemberg.

Background: Fürs Studium benötigte ich damals ein Praktikum. Da ich schon mit fünfzehn erste Karikaturen an die Sindelfinger Zeitung verkaufen durfte, konnte ich mich schon früh über erste Connections freuen, die mir später den Weg zur örtlichen Bildagentur Stampe ebneten. Mit deren Chef, Friedrich, verstand ich mich auf Anhieb prächtig. Ich hab’ sauviel von ihm gelernt, einen Mordspaß mit ihm gehabt. Und: bis heute wüsste ich, wie man mit einem Nikkor 300mm/2.8 im Dunkeln aus der Hand mit einer 1/15 Sek. fotografieren und ein gestochen scharfes Bild bekommen kann, einen Ilford HP5 auf 3200 ASA pusht, blind in der Dunkelkammer entwickelt und am Vergrößerer zu einem perfekten Bild abwedelt. Ja, Fotografieren war mal echt kompliziert. Weil ich soviel gelernt habe und weil es mir ein Riesenansporn war, selbst beim übelsten Dorfgebolze, wenigstens ein würdiges Foto zu schießen, fragte mich Friedrich, ob ich nach meinem Praktikum nicht als freier Fotograf bei ihm arbeiten wolle? Grübel, grübel… coolster Chef der Welt… Superstressiger Job, aber immer im Dienst der guten Sache… XXL-Spaßfaktor und feiner Lifestyle während des Studiums… Will sagen: ich hörte mich nicht Nein sagen. Und so habe ich mich neun Semester lang, jedes Wochenende auf Fußballplätzen, Schützenvereinen, Motocross-Weltmeisterschaften, Bürgermeister-Ehrungen, Rock-Konzerten, Sommerschlussverkäufen, Sport-Veranstaltungen jeglicher Couleur wiedergefunden: Feldhandball, Beiwagenrennen, Traktor-Pulling, Langbogenschießen… Einzig und allein Disziplinen wie „Belgische Pommes verputzen “ blieb meinen Kollegen der aktuellen WM-Pressefotografen vorbehalten.

Allez les Bleus! – Freunde! Bis zum nächsten WM 2018-Beitrag – täglich kurz nach fünf – auf lebalcony,

Sam Lazay