Müssen wir uns um Deutschlands stramme Waden Sorgen machen? Nein! – wenn es im Fußball grad nicht so läuft, passt’s ja vielleicht woanders. Beim Radfahren zum Beispiel.

Was für ein Glück, dass gleich nächsten Samstag auf der Île de Noirmoutier die Tour de France startet. Nicht dabei: unsere Elf, dafür acht deutsche Fahrer, verteilt über drei Teams (Belgien, Deutschland, Schweiz) und 3329 französische und auch spanische Kilometer. Zieleinfahrt ist der 27. Juli in Paris. Also genügend Zeit, um nach Korea wieder durchzuatmen und zu bewährter alemannischer Jubel-Frische zurückzugelangen. Drücken wir also Peter Sagan, Rafal Majka, André Greipel, Marcel Sieberg, Marcel Kittel Tony Martin, Rick Zabel, Nils Politt und den anderen 168 Fahrern die Daumen, dass uns ihre Waden eine spannende Tour bescheren.

Und was die Fußball-WM angeht, hat sich die internationale Winterhuder Fangemeinde unseres Hauses auf würdige Substitut-Mannschaften für die restliche WM eingeschossen.

Mo macht sich für England stark – und freut sich auf die Ankündigung von Channing Tatum, sich live auf facebook zu entkleiden, sollte England Weltmeister werden.

Manu favorisiert Frankreich – und da sie neben Günter Netzer und Oli Kahn anerkanntermaßen als die brilliante Fußball-Expertin gilt, sollte sich die Equipe Trikolore durchaus Chancen ausmalen dürfen.

Viktoria ist klar für Schweden – was den Vorteil hätte, dass Deutschland dann immer sagen kann, dass wir die Schweden neulich noch geschlagen haben.

Aracelis Herz schlägt für den FC Barcelona – und daher nicht für Spanien. Aus kolonialistischer Verbundenheit wünscht sich Araceli daher Uruguay als Champion.

Ich selber liebe Barcelona ebenfalls. Aber auch die Spanier. Ganz gleich ob Andalusier, Basken, Galizier, Valencianer… Und selbst wenn mir die italienische Küche noch immer die liebste ist, weiß ich, dass auch die spanische sehr, sehr große Freude machen kann. Dann liebe ich Kultur, Style, Mentalität der Spanier. Die Speisekarte im Ciudad Condal könnte ich selbst im Tiefschlaf auswendig mit akzentfreien Spanisch vortragen.

Und der Elfmeter wegen Handspiels gegen Spanien gerade eben, bereitet mir viel Wohlbehagen.

Was glaubt ihr, wem gehört wohl meine mentale WM-Unterstützung? Wer richtig liegt, wird von mir gerne mal auf einen Entendedor de Mujeres, meinen Hauswein eingeladen.

Zur Vorbereitung auf die nächste WM möchte lebalcony weiter an die großartigen Erfolge der Kreis-, Landes- und Verbandsliga erinnern, die unsere unbekannten Helden von einst für uns erstritten haben.

Und ihnen heute zur WM 2018 das zukommen lassen, was ihnen gebührt: Respekt und Achtung für ihre herausragenden Leistungen in den Dorfstadien der Welt. Wäre unseren früheren Lokal-Fußball-Stars nicht was dazwischen gekommen: Häusle, Familie, G’schäft… G’schafft hätten sie’s bis zur WM. Garantiert.

Die Würdigung unserer lokalen Fußball-Idole für Sportsgeist und unbändiges Talent ist also längst überfällig. Da die Namen der wackeren Streiter von damals nicht mehr bekannt sind, erlaubt sich lebalcony, ihre Fotos repräsentativ durch die Namen unserer aktuellen Fußballhelden zu ersetzen. Um ihnen so angemessene Vertreter samt gebührender Schlagzeile zu widmen. Durch eure tapfere Vorarbeit wurden vier Weltmeistertitel erst möglich. lebalcony hofft, dass ihr in vier Jahren ein paar mehr Schippen eurer Good old Vibes drauflegen könnt.

Zeitpunkt der damaligen Veröffentlichungen: ca. 1983 bis 1987.

Medium: Sindelfinger Zeitung.

Bildagentur: Stampe

Fotograf: Sam Lazay

Ligen: Kreis-, Bezirks-, Landesliga Baden Württemberg.

Background: Fürs Studium benötigte ich damals ein Praktikum. Da ich schon mit fünfzehn erste Karikaturen an die Sindelfinger Zeitung verkaufen durfte, konnte ich mich schon früh über erste Connections freuen, die mir später den Weg zur örtlichen Bildagentur Stampe ebneten. Mit deren Chef, Friedrich, verstand ich mich auf Anhieb prächtig. Ich hab’ sauviel von ihm gelernt, einen Mordspaß mit ihm gehabt. Und: bis heute wüsste ich, wie man mit einem Nikkor 300mm/2.8 im Dunkeln aus der Hand mit einer 1/15 Sek. fotografieren und ein gestochen scharfes Bild bekommen kann, einen Ilford HP5 auf 3200 ASA pusht, blind in der Dunkelkammer entwickelt und am Vergrößerer zu einem perfekten Bild abwedelt. Ja, Fotografieren war mal echt kompliziert. Weil ich soviel gelernt habe und weil es mir ein Riesenansporn war, selbst beim übelsten Dorfgebolze, wenigstens ein würdiges Foto zu schießen, fragte mich Friedrich, ob ich nach meinem Praktikum nicht als freier Fotograf bei ihm arbeiten wolle? Grübel, grübel… coolster Chef der Welt… Superstressiger Job, aber megacool… XXL-Spaßfaktor und feiner Lifestyle während des Studiums… Will sagen: ich hörte mich nicht Nein sagen. Und so habe ich mich neun Semester lang, jedes Wochenende auf Fußballplätzen, Schützenvereinen, Motocross-Weltmeisterschaften, Bürgermeister-Ehrungen, Rock-Konzerten, Sommerschlussverkäufen, Sport-Veranstaltungen jeglicher Couleur wiedergefunden: Feldhandball, Beiwagenrennen, Traktor-Pulling, Langbogenschießen… Einzig und allein Disziplinen wie Rausfliegen in der Vorrunde blieb meinen Kollegen der aktuellen Pressefotografen vorbehalten.

Hasta luego, Freunde! – bis zum nächsten WM 2018-Beitrag – täglich kurz nach fünf – auf lebalcony,

Sam Lazay