Auf Hamburgs fröhlichem Online-Portal für coole Typen und Stories aus Winterhude bis darüber hinaus sind auch im analogen Leben immer wieder besondere Gäste anzutreffen. Heute erstattete mir zum Beispiel Susanne Häußler die Ehre. Als engagierte, junge Repräsentantin des Hamburger Einzelhandels, verdientes Mitglied eines renommierten Hamburger Ruderclubs und aktive Porschefahrerin weiß Frau Häußler um die enorme, sportliche Herausforderung, in Winterhude eine adäquate Parkgelegenheit zu finden, ohne es sich mit örtlichen Ordnungshütern, Anwohnern oder Zustelldiensten zu verscherzen.

Daher kommt Frau Häußler ganz cool mit dem Hollandrad daher. Das sorgt nicht nur für einen schlanken Fuß, von denen Frau Häußler zwei äußerst wohlgeformte Exemplare vorzuweisen hat, mit dem Rad findet sich auch immer eine vollkommen problemlose Abstellmöglichkeit. Ja, Frau Häußler ist schon ein Füchschen. Und kaum, dass sich unser Meeting zu einem famosen Austausch bewegender Erkenntnisse entwickelte, wurden wir auch schon Zeuge des täglichen Parkplatz-Dramas rund um den Mühlenkamp.

Quasi auf Tuchfühlung mit dem begehrten Winterhuder Asphalt trompetet uns ein LKW-Fahrer lautstark ins entspannte Ohr. Grund seines Zorns, mittels Horns er deutlich Ausdruck verlieh, war die offensichtliche Enge im Park-Gedränge, die ihm wohl ein weiteres Passieren der Straße unmöglich erschienen ließ. Jetzt könnte man sich darüber streiten, ob der Platz noch gereicht hätte oder nicht?

Frau Häußler und ich fanden ja, ja! Gerne hätten wir uns als winkender Einweiser angeboten. Was der LKW-Fahrer jedoch ablehnte – und er zwischenzeitlich auch schon die Polizei gerufen hat. Mehr als seine Hilfe anbieten kann man ja nicht.

Wenige Momente später war sie dann auch schon da: die Polizei. Zwei sehr junge, noch idealistische Beamte versuchten die Lage zu eruieren. Der LKW kam nicht durch. Oder zumindest traute es sich der Fahrer nicht zu. Da es von lebalcony.de aus nicht weit ist, schalteten wir uns in die Runde der Lage-zu-Beurteilenden ein.

Erst fiel der Fokus, als oberster Sündenbock für das ganze Desaster herzuhalten, auf den Wagen meiner benachbarten Freundin und Interieur-Designerin Elisabeth. Zugegeben, ihr Wagen stand etwas weit im Raum. Also rief ich Elisabeth an und machte sie auf die Dringlichkeit jener prekären Situation aufmerksam. Von Elisabeths Wohnung zu Elisabeths Laden ist es nicht weit. Flugs war Elisabeth da, um die Situation zu klären.

Doch dann, bei näherer Betrachtungsweise der Dinge mit den beiden Beamten stellte sich heraus, dass Elisabeths Wagen von diversen falsch parkenden Wagen, eigentlich der einzige gewesen ist, der korrekt geparkt war! So wussten es zumindest die beiden Ordnungshüter zu interpretieren. Wesentlicher Grund für die Uneindeutigkeit der Lage waren die über die Jahre stark abgeriebenen Fahrbahn-Parkrichtungs-Markierungen, aus denen nicht klar ersichtlich schien, ob man jetzt längs oder schräg zur Fahrbahn parken solle.

Wie auch immer, selbst wenn Elisabeth da war, war Elisabeth schon wieder raus. Als Sündenbock. Nur wie geht’s jetzt weiter? Schwierig, schwierig… Nachdem man sich also nach langem Abwägen, verbindlich für einen Hauptschuldigen entschieden hat, rief man Stefan, den Vollstrecker. Stefan ist örtlicher, gut gebuchter Abschlepp-Service, der mittels seines versierten Krans die schwierigsten Fälle aus den engsten Lücken hebelt. Nachdem also die Straße für sage und schreibe zwei Stunden gesperrt war, fuhr der Mann von Stefan sein routiniertes Programm ab:

Zack! Wumms! Weg-damit! Mehr als zehn Minuten werden das nicht gewesen sein. Wenn ich an meine Zeit in Barcelona denke, muss ich sagen, dass die es dort wesentlich lässiger handhaben. Vor allem was mögliche Beulen angeht. Wenn man besonders speziell parkt, muss man eben auch die spezielle Gefahr eingehen, einem besonderen Andotz- bzw. Verbeulungs-Risiko ausgesetzt zu sein.

Man darf sein Heiligs Blechle halt nicht so ernst nehmen. Laut meiner Wahrnehmung ist in Barcelona von zehn Autos höchstens eins unbeschädigt, neun sind unübersehbar verbeult. In Deutschland ist das genau umgekehrt: von zehn Autos sind mindestens neun makellos, maximal eins ist verschrammt. Besondere Umstände, in denen wir in den Metropolen leben, erfordern eben auch besondere Toleranzen. Blöd nur für den oder diejenige, die als Hauptverantwortliche für das Malheur auserkoren worden ist – und nun die ganzen Kosten des Desasters übernehmen muss.

In einer Park-Situation, die mittlerweile längst schon wieder genauso zugeparkt ist, wie zu dem Zeitpunkt als ein unerfahrener LKW-Fahrer meinte, nicht durchzukommen.

In diesem Sinne empfehlen wir, neben dem Barcelona-Parking-Modell öfters mal eine entspannte Runde Backgammon zu spielen

Sam Lazay

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