Seit der Erfindung des Wortes erweist sich Kommunikation oftmals als ebenso schwierig, wie tückisch.

Und zickig. Wo‘s doch eigentlich um Schäfchen im Trockenen geht. Nach fast drei Jahrzehnten in der Marketing-Kommunikation muss ich jene Feststellung täglich immer wieder machen. Ganz besonders in Zeiten von Corona hier, Corona da. Jener kräftezehrenden, kranken Krake, deren Krisen-Kommunikation unseren Alltag erstickt, aufs Gemüt schlägt.

Und dabei immer mehr die wesentlichen Fragen nach dem Cordero (spanisch: Lamm) verdrängt. Daher fühlt sich lebalcony.de, das Peilungsradar cooler Erkenntnisse im Content-Marketing, verpflichtet, die Menschheit nicht mit weiteren, düsteren Negativismen zu bombardieren, sondern Antworten, Ideen und Anregungen zu liefern, die ablenken, inspirieren und mit positiver Stimulanz erfüllen. So macht sich am Wochenende ein mutiges, zu allem entschlossenes Team von lebalcony.de auf, der Frage auf den Grund zu gehen:

Wie stark ist die Wirkung des geschriebenen Wortes auch bei soziodemographisch extremen Zielgruppen draußen auf der Weide? Es gilt herauszufinden, inwieweit Marketer sich in der Lage fühlen, sich in spezielle Zielgruppen zu versetzen – und entsprechendes Einfühlungsvermögen zu beweisen.

„MÄÄÄH…!““, „Määh…!“, oder „Määhhh…“ – Schafe verstehen nicht nur, was wir ihnen mitteilen, sondern auch wie wir es tun. Was nicht die einzige Gemeinsamkeit mit uns Menschen ist, dass ihre Gehirne Sprache ähnlich verarbeiten wie unsere. Informationen vermitteln wir nicht nur über Wörter, sondern auch über die Tonalität. Bekanntlich macht ja der Ton die Musik. Diese Erkenntnis gilt nicht nur für uns Menschen. Auch Schafe erfassen einzelne Wörter und konstatieren zudem, wie wir ihnen etwas mitteilen.

So wissen sie, dass sie sich bei einem schriftlichen „Määäh…!“ erstmal um eine konsensuelle Kontaktaufnahme handelt. Ist jenes „Määäh…!“ in deutlicher, kaligraphischer Klangfarbe ausgedrückt, nehmen sie es als vertrauenserweckende, persönliche Geste wahr. Siehe auch: „Kleines Einmaleins des Direct-Marketings“. Und noch etwas haben die pelzigen Vier- mit uns Zweibeinern hinsichtlich des Sprachverständnisses gemein: Im direkten verbalen Kundengespräch freuen sich Schafe als Rezipienten genauso wie wir über Empathische Kommunikation.

Ein Begriff, der klingt, wie einer der vielen Soft Skills, die heute oft sehr gerne ganz groß aufs Strategy-Chart geschrieben werden. Im Daily Business jedoch ist empathische Kommunikation meist nur eine lästige Marginalie von eher geringfügiger Bedeutung. Wo doch Empathie einen wichtigen, nicht wegzudenkenden Bestandteil jedes Berufsalltags darstellt.

Schäfer brauchen sie, um ihre Schafe gut zu hüten, Fotografen um ihre Motive ins vorteilhafte Licht zu setzen, Marketingexperten, um ihre Marken zu hegen und bewegen. Vertriebler, um sich in die Kaufmotive ihrer Kunden hineinzuversetzen. Empathisch zu kommunizieren bedeutet allerdings mähr, als nur zu glauben, die Sprache der Zielgruppe zu beherrschen. Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, einer grundsätzlichen, emotional versierten Kontaktaufnahme mit seinem Adressatenkreis. Gedanken und Gefühle anderer zu erkennen, sie zu verstehen und zu deuten, das ist die Kunst.

Wichtige Grundlage ist dabei die gegenseitige Bereitschaft, überhaupt miteinander zu kommunizieren. Und vor allem die eigene Selbstklärung: Überhaupt mit den eigenen Gefühlen im Reinen zu sein, kann nur von Vorteil sein, um auf die Anliegen anderen besser einzugehen. Wobei sich gerade in Krisensituationen Empathie stets als unschlagbare Geheimwaffe beweist. Erster Schritt in Sachen Selbstklärung: Sich selber erstmal kurz  gedanklich aus dem Geschehen rauszuziehen und zu analysieren:

Wie geht‘s mir im Augenblick? Was will ich? Wenn ich weiß, was ich will, kann ich auch besser erkennen, was der oder die anderen wollen. Wie geht‘s ihm, ihr oder ihnen? Auf sein Gegenüber einzugehen, versuchen, die Sachlage zu klären und dabei gleichzeitig die eigenen Interessen nicht aus den Augen zu verlieren, sollte am Ende das Problem lösen und darüber hinaus sogar die Bindung zu anderen stärken.

Was uns bei der Kontaktaufnahme mit den beiden Betreibern jenes Öko-Bauernhofs samt ihrer vielen Schafe auch bestens gelang. Schließlich wollten wir für unser Foto hinter den Zaun. Um im direkten face-to-face-Kontakt mit den Schafen ein cooleres, spannenderes Bild zu erhalten. Einfach über den Zaun zu klettern wäre unhöflich und respektlos.

Doch dank meiner formidabel empathischen Begleiterin sollte sich eine andere, viel coolere Lösung finden. Sie hat im Hof einfach geklingelt. Die Dame des Hauses öffnete. Und meine Begleiterin meinte: „Guten Tag. Wir kommen von lebalcony.de, ein Hamburger Blog über coole Typen und Stories aus Winterhude bis darüber hinaus.

Wir wollen herausfinden, ob Schafe lesen können. Könnten wir dazu ein Foto auf Ihrer Schafsweide machen?“ „Au Backe“, dachte ich, bei der Frage kommt garantiert gleich der Hausherr mit Wolfshund und Mistgabel und jagt uns in hohem Bogen vom Hof. Aus meiner Zeit als Pressefotograf, bei der ich mir des Öfteren ebenfalls unter sehr blumigen Vorwänden Zutritt zu besonderen Lokalitäten zu verschaffen versuchte, konnte ich mich an den einen oder anderen Rausschmiss erinnern, weil sich manche Leute schlicht aufs Korn genommen gefühlt haben.

Aus dem Treppenhaus war offensives Gepoltere bestimmt sehr, sehr schwerer Stiefel zu hören. Und da war er auch schon! – der Hausherr. Jetzt gibt’s Ungemach… Doch weit gefehlt. Die beiden hatten Humor. Lachten über mein Text-Chart zur Überprüfung des tierischen Lesevermögens. „Natürlich können Sie unsere Schafe fotografieren“ erfuhren wir. Zu meiner Sicherheit wurde sogar Freddy, der 120 Kilogramm-Leithammel der Herde separiert und in anliegender Scheune zwischengeparkt. Unübersehbar war es um Freddy’s Testosteron-Haushalt bestens bestellt. Und Freddy ziemlich auf Krawall gebürstet.

Dass Freddy einem neuen, unbekannten Mitbewerber um seine hübschen Schäfchen garantiert mit vollem Anlauf und gesengtem Gehörn voll ins Kreuz gesprungen wäre, stand völlig außer Frage. Zugegeben, ich war nicht unerfreut, dass die Konfrontation mit Freddy dank unserer beiden super-sympathischen Unterstützer auf dem Bauernhof schon im Vorfeld vereitelt wurde.

Klar ist, empathische Kommunikation spielt in jedem Job eine wichtige Rolle: „Sie erhöht die Effizienz der Kommunikation und hilft das Bewusstsein zu entwickeln, dass es mehrere Realitäten gibt. Eben nicht nur immer die persönliche, eigene. Oder um auch den guten Friedrich Nietzsche nochmal zu Wort kommen zu lassen: Es gibt nur ein perspektivisches Sehen, nur ein perspektivisches Erkennen; und je mehr Affekte wir über eine Sache zu Worte kommen lassen, je mehr Augen, verschiedne Augen wir uns für dieselbe Sache einzusetzen wissen, um so vollständiger wird unser Begriff dieser Sache, unsre Objektivität sein.

Auch wenn der andere vielleicht gar nicht zur eigentlichen Kern-Zielgruppe gehört – und daher die Situation aus einem anderen Blickwinkel möglicherweise ganz anders sieht. Diese Erkenntnis kann Kommunikation nur verbessern. Und das völlig unabhängig vom situativen Kontext.“

Empathie verdeutlicht, dass es sich nicht nur immer um die eigene Wahrnehmung dreht – und dass man damit selbst das Schweigen der Lämmer zu einem fröhlichen Reigen der Schlemmer ummodeln kann. Sprich: der nächste Lammbraten ist bei den wunderbaren und -kommunikativen Hütern jener Schafe schon bestellt. lebalcony.de freut sich auf ein formidables Mahl. „Und wenn die Fotos nichts geworden sind, dann kommen Sie gerne jederzeit wieder – und wir fotografieren einfach nochmal“, erfuhren wir, nachdem wir unsere Nummern ausgetauscht haben.

Und obwohl das Senden und Empfangen unterschiedlicher Botschaften beim Menschen in vielerlei Hinsicht einzigartig ist, hat unser Ausflug aufs Land gezeigt, dass es interessante Ähnlichkeiten zwischen uns und der wolligen Spezies mit deutlich weniger Vokabular gibt. Ja, Schafe können lesen: Grashalme, Kräuterstauden, Büschel oder gar Bünde. Bände von Günter Grass, Ernst Klee und Max von der Grün ganz bestimmt auch. Schließlich haben Schafe einen sehr, sehr kräftigen Biss. Besonders wenn draußen alles Max Frisch auf der Heide wächst.

Sam Lazay

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