Ein gutes, liebevoll bereitetes Essen in einer angenehmen Atmosphäre mit seinen Liebsten am Tisch. Was braucht es mehr für einen erfüllten Abend? Herrlich, dabei den Nervkram säumiger Kunden, frustrierter Kollegen, jeckenhafter Services auszublenden und wunderbar ausspannen zu können. Ist doch das gesellschaftliche Manko unserer Zeit mangels Zeit kaum Zeit mehr Zeit für Zeit miteinander Zeit zu haben. (Sorry, soviel Zeit musste sein). Daher ist in vielen Familien das gemeinsame Essen heute nicht mehr selbstverständlich. Jedes Familienmitglied hat seinen eigenen Tagesablauf. Was es nicht einfach macht, die Muße für gemeinsame Mahlzeiten zu finden. Welch Glück, dass wir hier mit gutem Beispiel vorangehen können. Allen voran unsere Zauberköchin Manu, die zum opulenten Drei-Gänge-Menü geladen hat. An einer stimmungsvoll gedeckten Tafel mit feinen Servietten, Kerzen, Blumen und dem vorteilhaften Licht eines dezent im Hintergrund flackernden Kaminfeuers. Toll, das großartige Gefühl von gesunder Verbundenheit und coolem Community-Spirit gemeinsam zu geniessen. Und eine wunderbare Gelegenheit, sich mit anderen Familienmitgliedern auszutauschen, zu beschäftigen und so den Familienzusammenhalt zu stärken.

Seine Liebsten zu bekochen oder von ihnen bekocht zu werden ist immer auch ein Symbol dafür, dass man sich umeinander sorgt und kümmert. Die Tafelrunde wird so zur geschlossenen Gruppe, innerhalb derer sich alle Familienmitglieder generations- und geschlechterübergreifend klar zu positionieren und einzuordnen vermögen. Das gemeinsame Essen mit der Familie sollte niemals nur als Nahrungsaufnahme gesehen werden, sondern darüber hinaus als Gelegenheit, sich untereinander Kultur, Stil und Werte weiterzugeben.

Bester Beweis von Achtbarkeit und Respekt untereinander: die vier auf dem Foto stellen zwar nur einen kleinen Ausschnitt unserer großen internationalen Familie dar – trotzdem sind dabei drei verschiedene Nationalitäten friedlich am selben Tisch vereint: zwei Hamburgerinnen, eine Katalanin und ein Schwabe.

Unsere Sinne werden beim Essen mit mannigfaltigsten Herausforderungen betraut. Von dem Erkennen des gereichten Mahles über die Beurteilung der Qualität bis hin zu Lob des kulinarischen Gesamtergebnisses. Die Wahrnehmung über verschiedene Sinnesempfindungen ist dabei von bedeutend komplexer Natur, denn sie löst wiederum weitere Prozesse in unseren Körpern aus, die für die Verstoffwechslung der Leckereien notwendig sind.

Jeder einzelne Sinn hat dabei seine ganz eigenen Mission, die wiederum für weiterführende, positive Regungen sorgen kann. So zum Beispiel auch den Stimulus verschiedenster Düfte – auch wenn diese nicht aus den Töpfen sondern eher aus den Flakons seiner Tischnachbarinnen herrühren.

Bei vielen geschieht die Nahrungsaufnahme heutzutage häufig sehr beiläufig. In unseren schnelllebigen Zeiten sind wir permanent mit riesigen Füllen von Reizüberflutungen konfrontiert. So wird heute immer häufiger zu Fertigprodukten, Marketing-Deutsch: Conveniende Food, gegriffen. Simpel, husch, husch was zuzubereiten ist über der Hälfte der Deutschen sehr wichtig. Oft wird unterwegs gegessen, zwischen Tür und Angel, während der Arbeit oder abgelenkt von Facebook, Instagram, Snapchat oder lebalcony.de. Unsere Aufmerksamkeit ist oft kaum noch auf das Essen selber konzentriert.

Die Forscherinnen Reine C. van der Wal und Lotte F. van Dillen von den Niederländischen Universitäten Utrecht und Leiden fanden in ihrer Studie „Task Load Reduces Taste Perception“ heraus, dass Aromen weniger stark wahrgenommen werden, wenn man beim Essen abgelenkt ist. Dann neigt der Mensch dazu, mehr zu sich zu nehmen, um jenes Geschmacksdefizit zu kompensieren. Mit der schlüssigen Konsequenz, dass dem Körper auch mehr zugeführt wird als er zu verbrennen in der Lage ist.

Des Umstands Ursache ist, sagt man, unter anderem unsere eingeschränkte Gehirn-Kapazität, die bei allen Multi-Tasking Anforderungen früher oder später zum Wahrnehmungs-Engpass führt. Der vollkommene Geschmackseindruck entsteht erst durch die Verknüpfung verschiedenster einzelner Eindrücke aller unserer fünf Sinne – und das benötigt im Gegenzug eine satte Gehirnleistung. Verschenken wir also unsere Aufmerksamkeit während des Essens auch noch anderen Beanspruchungen, muss beim Geschmack mit deutlichen Abstrichen im Erlebnis gerechnet werden.

Und dabei geht nicht nur der Genuss verloren, vernachlässigte Achtsamkeit während des Essens hat noch weitere unvorteilhafte Auswirkungen. Werden beispielsweise durch verringertes Geschmacksempfinden Speisen übermäßig nachgesalzen, kann das zu einer erhöhten Salzaufnahme führen. Und das, wissen wir ja, ist grundsätzlich auch nicht gesund. Auch das Sättigungsgefühl spielt beim Thema „Nahrungsaufnahme und Wahrnehmung“ eine gewichtige Rolle. Sind wir beim Essen zu sehr abgelenkt, achten wir weniger darauf, wie viel wir zu uns nehmen, oder ab welchem Punkt wir eigentlich schon längst satt sind. Ein Punkt mehr, sich künftig wieder intensiver seinem Essen und seinen Lieben zu widmen und den Vorgang ganz bewusst wahrzunehmen.

Wer sich für bewusste, lustvolle Ernährung entscheidet, kann als achtsam Wahrnehmender spüren, wie sehr der Körper euphorisierend darauf reagiert. Ich find’ das super. Immer wieder… Und gerade bin ich übrigens von Manu angefunkt worden, dass noch immer 3 kg köstlichster Sauerbraten zur Disposition stünden. Mal schauen, vielleicht vergrößern wir unsere Familie zu dem Anlass um zwei oder drei Mitglieder.

Sam Lazay

lebalcony.de – coole Typen und Stories aus Winterhude bis darüber hinaus

Um weitere Gelüste lukullischer Gemeinsamkeit zu wecken:

Sieben Tage Zeit der Zärtlichkeit.

Heidschnuckeliges in Killesberger Blütenhonig.

Shrimps im Haxn-Dirndl.

Herbstmomente Winterhude. Draußen weht was. Drinnen geht was.