Besondere Grüße an Sophie von der Uniklinik Eppendorf samt Zimmergenossen Günther mit dem Gipsbein. Und so geht’s mit dem Styling: Eigentlich ganz einfach. Hinter der Tür versuchst du zum Beispiel mit einer Gardinenstange den Aus-Knopf des Rauchmelders zu treffen, der wegen überkochender Milch ausgelöst wurde. Erfahrungsgemäß kann das Gestochere bei über drei Meter hohen Winterhuder Wänden etwas dauern. Dass man die Rauchmelder direkt nach der Küchentür im Flur angebracht hat, wundert mich jedes Mal, wenn die Dinger regelmäßig losgehen. Aber so ist das im Leben. Sich damit abfinden und arrangieren heißt die Devise. Wenn es also minutenlang „PIEP, PIEP, PIEP, PIEP…“ macht, können sich bereits die ersten Nachbarn vor deiner Tür versammeln, klingeln und klopfen. Wenn du dich nicht schnell genug zeigst, die Tür aufzumachen, aber bereits nah genug an selbiger bist, so dass dich der Öffnungsradius des Türflügels im Idealfall voll erwischen kann, wenn die Tür von außen beherzt aufgetreten wird, dann kann dir völlig unvorbereitet die gesamte schwere, massive Jugendstil-Tür in die Fresse knallen. Breitseitig so to say.

Bang! – dir wird schwarz vor Augen und die nächsten Sekunden weilst du im kultivierten Knock-Out-Modus. Dafür erhälst du exklusiv einen Style, um den dich selbst Mad Max, Indiana Jones, Snake Plissken & Co. beneiden werden. Zugegeben, seit dem Großbrand vor ein paar Jahren ist die Stimmung bei uns im Haus etwas nervös. So dass beschauliches Winterhuder Easy-Going rasch zu unverfälschtem St. Pauli-Aktionismus mutieren kann. Aber lieber einmal zu viel aufgepasst als einmal zu wenig.

Als ich nach dem Hells-Bells-Donnerschlag wieder zu mir komme, werde ich bereits von zwei Sanitätern ins Uniklinikum Eppendorf chauffiert. Während der Fahrt erzählten mir die beiden, dass einer meiner Nachbarn die Tür aufgetreten hat, in der Annahme, es würde bei mir brennen. Und ich wäre schon tot.

(Szene der Veranschaulichung und des etwaigen Selbstschutzes halber nachgestellt)

Das ist natürlich grundsätzlich erstmal eine fürsorgliche Geste. Solange man nicht unvorbereitet direkt hinter der Tür steht und versucht den Rauchmelder zu neutralisieren. In der Uniklinik Eppendorf angekommen brummt mir noch immer der Schädel. Ich bin nach der Breitseite meiner Tür noch immer benommen. Ich werde untersucht. Erst dachte ich, meine Nase wäre gebrochen und ich müsste wegen des ganzen Blutes genäht werden. Es war aber alles noch im grünen Bereich der Uniklinik Eppendorf. Alle super sympathisch dort. Hut ab! – davor was die Klinikmitarbeiter alles leisten müssen. Tagein tagaus. Ohne zu Murren. Bei bestimmt vielen, sehr, sehr  komplizierten Patienten.

Außer den Schwellungen an Auge und Stirn sowie der Platzwunde auf der Nase konnte nichts Auffälliges festgestellt werden. Ich verbringe eine Nacht zur Beobachtung in der Klinik. Dort lerne ich Günther kennen, einen früheren Chauffeur des Shell-Vorstandes. Ich konnte mich großartig mit ihm über standesgerechte Autos unterhalten. Besonders angetan hat es ihm mein königsblauer 280 S mit weißem Leder. Günther war von diesem Typ samt Farbkombination ganz hin und weg.

Als mein Krankenhausbett-Nachbar und professioneller Ex-Vorstands-Chauffeur wusste Günther nicht, dass es mal eine Zeit bzw. einen Markt gab, in der man die Teile besonders günstig kaufen konnte. So auch ich damals. Um so mehr, wenn jene S-Klassen schwerwiegende technische Mankos hatten, durch die man den Preis enorm runterhandeln konnte. Bei meinem damaligen Objekt der Begierde zum Beispiel war die Servolenkung ausgefallen. Was bei über 1,5 Tonnen Leergewicht beim Lenken eine ziemlich uncoole Kurbelei darstellt. So entschied ich mich damals mit Kumpel Grafi, meinem persönlichen Haus- und Hof-Kfz-Mechaniker, die S-Klasse wirklich nur zu kaufen, wenn uns der Verkäufer wegen des Lenkungs-Defektes preislich angemessen entgegenkommt. Was er auch tat, nachdem wir ihn davon überzeugen konnten, dass die Servolenkung einer S-Klasse eine sehr, sehr komplizierte und überaus feindifferenzierte Angelegenheit ist.

Auch wenn ich damals längst nicht so verwegen aussah, wie am 04. Februar 2022 muss das so beeindruckt haben, dass der Preis wie Eis in der Sonne zerschmolz – und ich meine erste S-Klasse quasi für’n Appel und’n Ei kaufen konnte. Als versierter Mercedes-Benz-Mechaniker konnte Grafi die Ursache des Schadens unmissverständlich deuten – behielt jene Information aus verhandlungspsychologischen Gründen allerdings für sich. Als wir dann mit unserem Neu-Erwerb nach Hause cruisten, bat mich Grafi nicht zu mir sondern erstmal zu ihm in die Garage zu fahren: er hätte da was für mich. Ich tat, wie mir geheißen, rollte in Grafis Garage und öffnete die Motorhaube. Prompt hatte Grafi eine Dose Servo-Öl parat, goss sie zur Hälfte in den Servo-Öl-Behälter und bat mich den Motor samt eines Lenkvorgangs zu starten. Und siehe da! – wie von Zauberhand funktionierte die Servolenkung wieder: samtweich, schnurrend, wie am ersten Tag. Grafi der Fuchs! Er erspähte ein deutliches Defizit an Servo-Öl und damit den Ausfall jener Lenkung… Hernach erlebten wir unzählige, lustvolle, servounterstützte Kilometer und lernten schon früh, die Qualitäten einer S-Klasse zu schätzen – insbesondere des weißen Leders. Vielleicht sind wir ja damals auf irgendeiner Autobahn schon Günther mit seiner Shell-S-Klasse begegnet.

So war es mir ein persönliches Fest, Günther, meinem Krankenhausbett-Nachbarn und Vorstands-Chauffeur mit der Story einen gradlinigen Lacher zu schenken. Und Günther konnte sich sein Kompliment zu unseren damaligen Kauf-Verhandlungen nicht verkneifen.

Und dann lernte ich noch Sophie kennen. Ein engelsgleiches Geschöpf, über die sich alle freuen dürften, die es mal in die Unfall-Ambulanz der Uniklinik Eppendorf schaffen sollten. Sophie ist die Ruhe und Coolness selbst. Nichts scheint sie nervös machen zu können. Selbst als ich sie bitte, ob sich nicht ein Foto von mir und meinem Veilchen machen könnte, da gibt sie mir noch Regieanweisungen, wie ich die Hand dramaturgisch interessanter in Szene setzen könne. Sophie ist eine von den vielen Pflegekräften, über die in letzter Zeit so viel geredet wurde. Zu Recht verdient Sophie einen Extrabonus. Sophie ist einsame Spitzenklasse. Sophie versprüht absolutes Wohlempfinden und vollkommene Souveränität. Sophie verdient für mich das Bundesverdienstkreuz.

Für Sophie würd‘ ich glatt nochmal in die Styling-Rückrunde mit meiner Winterhuder Jugendstil-Tür gehen.

 

Sam Lazay

 

lebalcony.de – coole Schwestern und Türen aus Winterhude bis darüber hinaus

 

Und jetzt geht’s erstmal auf den Goldbekmarkt:

 

Hamburg. Winterhude. Goldbekmarkt. Ode an Señora Serrano

Gurken Günter – die Herren Knackig, Frisch & Munter.