Señor Max Condula, Kopf, Gründer und früherer Präsident der U5 – Akademie an der Einsteinstraße traf ich zuletzt im November vergangenen Jahres in München.

Kennengelernt habe ich ihn Ende der 90-er über einen meiner Münchner Kunden: eine Umwelt- und Recycling-Company, deren Marketing-Abteilung von einer ehemaligen Springer & Jacoby-Kollegin geleitet wurde. Die Dame begegnete mir zuvor in Hamburg als Kontakterin bei S&J für den Kunden Telekom, wo ich selber als freier Kreativer tätig war. Eine unvergesslich kreative, unbekümmerte Agenturära war das.

Rein statistisch durfte ich mit den in Millionenhöhe gedruckten Telekom-Werken bis heute meine höchsten erzielten Auflagen verbuchen. Lauter schräges Zeug. Bisweilen gaga. Texte von der Muse geküsst. Mit vielen, vielen Sonderfarben. Und den Leuten, sprich: Endverbrauchern hat’s gefallen, der Kunde (Telekom) schwebte im Glückseeligkeits-Modus. Die S & J-Mädels und Jungs auf Agenturseite übrigens auch. Selbst jede Broschüre, jeder Flyer, jedes Packaging hat aber immer wieder Spaß gemacht – auch wenn es viele oft verwundert haben mag.

Als dann jene S&J-Kontakterin auf Kundenseite wechselte und Marketing-Chefin jenes Münchner Recycling-Fonds wurde, fragte sie mich, ob ich möglicherweise gewillt wäre, die Full-Service-Agentur-Dienstleistungen für jenes Unternehmen zu übernehmen? Nun ja! – ich hörte mich nicht nein sagen und freute mich über eine gut funktionierende, spannende, gemeinsame Zusammenarbeit.

Nach ungefähr vier wunderbar florierenden Jahren hatte sie die treffliche Idee, das Image ihrer Company mit den Werken eines talentierten Künstlers positiv aufzuladen. Der Künstler hieß zufälligerweise Max Condula und verwendete bevorzugt spanische Plastiktüten als Leinwand für seine Grafiken. Die Idee, gebrauchten Konsumtüten mittels Medium Kunst unvergängliche Wertbeständigkeit zu verleihen, war für einen Recycling-Fond ein ziemlich cleverer Gedanke. Und so war es an mir, für die Recycling-Company und dem mir bis dato unbekannten Plastiktüten-Künstler einen gemeinsamen Nenner zu schaffen. Das Ergebnis: ein Kunst-Katalog, der die fröhlichen Kunstwerke sinnhaftig mit fortschrittlicher Recycling-Technologie vereint.

Natürlich mussten meine Ideen dem Künstler zur Freigabe vorgelegt werden. Und so kam es, dass mich damals aus Ibiza ein gewisser Max Condula in Hamburg anrief und mir erklärte, dass ich ihn mit meiner Interpretation seiner Plastiktütenkunstwerke sehr, sehr freudig gestimmt habe. Ich bedankte mich höflich und ging nach dem erquicklichen Telefonat davon aus, mit dem Projekt „Kunst auf Tüten“ erst mal nichts weiter mehr am Hut zu haben.

Doch weit gefehlt: es stellte sich heraus, dass der Künstler, Max Condula neben seiner spanischen Plastiktüten-Ambition auch die Position des Präsidenten der Münchner Akademie U5 an der Einsteinstraße inne hatte.

Und so kam es, dass mich Max Condula ein zweites mal anrief, um mir die Vorzüge der U5 darzulegen. Und: „Ob ich nicht Lust hätte, meine Kommunikations-Begeisterung an seine Studenten weiterzugeben?“

„Ich möchte lieber nicht!“, gab ich Max Condula zu verstehen. Weder fühlte ich mich dazu berufen, noch hätte ich im ohnehin knappen Zeitbudget Vakanzen für eine Nebentätigkeit gehabt. Also schlug ich das Angebot von Max Condula höflich, aber bestimmt aus.

Doch was ein echter Münchner Wadenbeißer ist, der lässt nicht locker. Max Condula rief mich ein drittes, viertes, fünftes Mal an. Das war, zugegeben, beeindruckend, weil es immer wieder originell und höchst erheiternd war, mit Max Condula zu telefonieren.

Ja, und irgendwann hatte er mich rumbekommen, der Herr Condula. Da ich ohnehin die Hälfte meiner Jahresplanung in München verbrachte, trafen wir uns in der U5, seiner Akademie. Dort zeigte er mir alles, stellte mir einige seiner Kollegen und Studenten vor und ließ zum x-ten Mal die Gretchenfrage aus dem Sack, ob ich nicht doch Lust hätte, an der U5 den deutschen Werbe-Nachwuchs kreativ zu beflügeln?

Ganz ehrlich, die Stimmung war grundsätzlich gut, die Vibrationen auch und das ganze Akademie-Ambiente hat mir spontan Freude bereitet. Also schlug ich ein und erklärte mich zu einem Probe-Semester an der U5 bereit. Was ich damals selber nicht geahnt hätte:

Alles passte super, die Studenten machten mir Spaß. Und ich ihnen offensichtlich auch.

Dass wir uns konstruktiv ergänzten führte zu dem gemeinsamen Erfolg, dass viele Examensarbeiten mutiger, frischer, außergewöhnlicher wurden – und wir prompt den ersten Award in der Geschichte des GWA Junior-Agencys gewonnen haben. Gefolgt von vier weiteren GWA-Medallien. Flankiert von drei ADC Preisen.

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Samt unaufgefordertem Gewinn eines bayerischen Nachwuchsfilm-Preises.

Und so ging das weiter und weiter. Bis zu dem Zeitpunkt an dem der Kelch der Nachfolgeregelung für Max Condula leider an mir vorbeiging. Dafür zu Gunsten eines Frankfurter Maggi-Mannes. Großes Raunen, noch mehr Staunen. Für mich war damit nach 14 großartigen Semestern das Ende meiner U5-Ambitionen manifestiert. Das mit dem Maggi-Mann ging in die Hose, konnte durch Max Condula allerdings durch Amtsenthebung wieder neutralisiert werden. Auf den Maggi-Mann folgte ein Ferrero-Mann mit nicht minder glücklichem Händchen, dafür um so größerem Selbstdarstellungsbedürfnis. So groß, dass die U5, Deutschlands erfolgreichste Kommunikations-Design-Akademie, jetzt – nach 51 Jahren – tot ist. Quod erat demonstrandum: Akademie ist nicht Agentur. Max sagte immer: „Unsere Studenten sollen Wirklichkeit studieren“. Damit meinte er aber nicht Maggi- oder Ferrero-Werbung. Sondern die Tatsache, dass man aus einem noch so banalen Produkt kommunikativ das Maximale rausholen kann.

Wenn Umfeld, Klima, Inspiration und Köpfe stimmen.

Wenn. Denn zu viel Maggi und Ferrero schadet der Gesundheit und kann dem Dozenten, den Studenten, der gesamten Akademie erhebliche Schäden bis hin zur kreativen Impotenz zufügen.

Nachdem Max als Über-Kopf der U5 also im Ruhestand war und mir die U5 keine Perspektive mehr bot, widmete ich mich damals wieder ganz meinen persönlichen Projekten. Trotzdem hat mir meine U5-Zeit einen Riesen-Spaß gemacht.

Und ich habe selber super viel dazu gelernt.

Unvergessen die Präsentation die ich mit Jonathan Schupp, ADC-Junior 2004 und Ex-U5-Student bei der 4. Internationalen Ausbildungskonferenz über richtungsweisende Ausbildungskonzepte 2005 im CCH Hamburg halten durfte. Klar macht das Spaß, seinen gesamten bundesdeutschen Uni- und FH-Konkurrenten das eine oder andere „Ohh…“ und „Ahhh…“ zu entlocken.

Und noch besser, dass aus vielen meiner ehemaligen U5-Studenten großartige Kollegen geworden sind. Und aus einigen sogar noch bessere Freunde.

Traurig, dass mit der U5 eine der großen Institutionen unserer Branche gestorben ist.

Sam Lazay, lebalcony

https://www.wuv.de/agenturen/muenchner_designschule_akademie_u5_ist_geschichte