Auch heute ist meine Winterhuder Rasur wieder geprägt von positivem Stimulus und dem beflügelndem Gefühl, verantwortungsbewusster Botschafter meiner Geschlechtsgenossen – noch besser ausgedrückt, Repräsentant eines der wenigen wirklich Großen Geschlechter, sprich: ein Mann zu sein.

Trotzdem oder gerade deswegen gibt es Kriege, Wirtschaftskrisen, Vattenfallsche Abrechnungen, Toxic Masculinity, Unhappy Content-Marketing… Wohl wahr, das Glück der Welt ist nicht gerecht verteilt.

Ein Blick in den „World Happiness Report“ genügt, schon sieht man, wie es um die Zufriedenheit unserer Spezies steht. Die besten Aussichten auf Glück soll man gemäß „World Happiness Report“ aktuell in Dänemark haben. Unsere Smørrebrød-Freunde: im internationalen Vergleich die Glücklichsten? Für uns Winterhuder schwer vorstellbar, dass es Menschen gibt, die glücklicher als wir sind. Aber egal, die United Nations, die jenen Happiness Report erstellen, sollten eine vertrauenswürdige Adresse sein. Daher glauben wir das.

Beinahe genauso wonnig verzückt sollen unsere eidgenössischen Nachbarn in der Schweiz sein. Gefolgt von Island, Norwegen, Finnland. Ja, irgendwas scheinen die Skandinavier besser zu machen. Immerhin schafft es Deutschland noch auf einen respektierlichen 16. Platz. Heute allerdings… Heute zeichnen die Seismographen in Hamburg Winterhude Glücks-Beben der maximalen Stärke 10 auf. Was ist passiert?

Dank vorbildlich gepflegter Gillette-Rasur weiß ich es zu schätzen, einen wunderbaren Draht direkt ins Vanille-Kipferl-Paradies zu haben. Das liegt circa 1500 km Süd-Süd-West von Hamburg Winterhude und wird von einer jungen Backwerksexpertin betrieben, die nach jahrhundertealtem Geheimrezept, das Beste verknetet, was zu einem famosen Kipferl geformt werden kann. Quasi the best a Vanillekipferl can be. Auch dieses Jahr hat mir mein europäisches Engagement zur Förderung des Binnenmarktes wieder eine üppige Lieferung jener High-End-Kipferl beschert.

Ich gebe zu, ich rationiere und teile sie sorgsam ein. Obwohl das als Gierschlund sonst nicht meine Art ist. Doch weil die Teilchen halt so ober-über-lecker sind, gehen sie nur irgendwann zur Neige. Exhausted Consumers Resorces nennt das der Marketing-Experte. Gerade entschied ich, mir vermeintlich letzten Kipferl als Belohnung für meine bisherigen Wochen-Verdienste und den Einsatz für das Gute im Mann zu genehmigen.

Zugegeben, erst war ich ein bisschen traurig, nur noch ein letztes Mal diese unvergleichliche, sinnlich-kipferlige Vanille-Entfaltung in meinem Gaumen zu spüren und voller Wonne zu genießen. Doch dann, ganz unverhofft kam plötzlich das emotional größte Seelenheil – seit Manus Sauerbraten vom 17.11.2018* – zum Vorschein.

Ich denk’, ich seh’ nicht recht: unter dem Backpapier in der Kipferl-Blechdose hält sich doch tatsächlich – noch! – eine ganze, weitere Lage der vanilligen Glücks-Zipferl versteckt – die Luder, die! Eine ganze Lage! – Wahnsinn. Und ich hab’ sie nicht gesehen. Und sonst aber auch keiner. Ha! Daher vergess’ ich jetzt alle meine Rationierungs-Vorsätze und hau’ jetzt die ganze Lage weg. Ganz allein…

Wirklich verrückt, Vanille-Kipferl sind traditionell deutschen Ursprungs. Im Austausch mit der katalanischen Leckermäulchen-Aura samt Hinzunahme ebensolcher Ingedenzien kann wirklich etwas viel Wertvolleres, Grandioseres entstehen. Der viel gepriesene EU-Binnenmarkt scheint manchmal wirklich zu funktionieren. Auf meinen Katalanischen Kipferl-Kontakt (KKK) lass ich jedenfalls nichts kommen. Und eine neue, durchweg positiv lebensbejahende Bedeutung bekommt KKK auch noch, ihr Zipferlmützenträger, ihr.

Mmmmmuchisimas gracias noch mal – und mit vorzüglichen Winterhuder Empfehlungen an die wunderbare, mediterrane Kipferl-Künstlerin.

Sam Lazay

 

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Sieben Tage Zeit der Zärtlichkeit.