Hirsch – welch herrlich kraftvolles Wort… Geweiht voll röhrender Wucht und hochwohlgeborener Souveränität. Hirsche sind echte Prachtskerle. Erhaben und erlaucht genug, oft schon im Verborgenen Großes zu bewirken. Wobei Hirsche in Hamburg grundsätzlich überall zu finden sind.

Am Mühlenkamp bei Edeka hinter der Fleischtheke, im Vertrieb des Hamburger Abendblattes, stürmend und drängend am Millerntor auf St. Pauli, trällernd in der Elbphilharmonie, kreativ beflügelnd im grundnerischen Grindelviertel, sonnig stimulierend in Harvestehudes Casa Balear oder kulinarisch beglückend im Frauenthal, wohin sich ein äußerst charismatischer 32-Ender aus seinem Revier, dem 3 Tageszeiten, zurückgezogen hat, um dort neuer Sinnhaftigkeit zu frönen. Bedauerlicherweise. Denn durch seinen Fortgang hat er eine nicht unerhebliche gesellige Kluft am Mühlenkamp hinterlassen. Ralphs einstiger Tempel regionaler Tafelfreuden wird jedenfalls gar fürchterlich vermisst.

König Ralph und die Ritter der Kellerrunde.

Den Platzhirschen des früheren 3 Tageszeiten wieder zurück in sein natürliches gastronomisches Umfeld auszuwildern, dafür gibt es bereits diverse Kultur-Initiativen und Lifestyle-Bestrebungen. Voller Wehmut blickt lebalcony.de auf sehr, sehr „lustige Runden bei Stunden, die munden, Freude bekunden“ zurück. Wir drücken die Daumen, dass Hirsch Ralph wieder das Zepter eines kultig kommunikativen Restaurants in Hamburg schwingt. Doch zurück zu den Vierbeinern unter den Hirschen:

Stylischste Location, um Vertreter der röhrenden Zunft zu treffen, ist natürlich der Hirschpark zwischen Elbchaussee und Mühlenberg. Entlang des Elbufers erstreckt sich der Hirschpark vom schönen Nienstedten bis an die Grenze zum nicht minder hübschen Blankenese. Der Hektare 25 misst des Parkes Maß. Das entspricht einer Fläche von 250 mal 1000 Metern. Genügend Raum also, um mal was ganz Verrücktes zu machen: Abschalten! – und sich inmitten duftender Natur eine digitale Auszeit zu nehmen.

Einfach mal das Geweih locker halten. Einfach mal die Synapsen durchlüften. Ohne bestechen, blenden, posten, performen zu müssen. Herrlich. Angelegt wurde der Geweihträger-Garten zu Beginn des 18. Jahrhunderts also siebzehn-hundert-noch-ein-paar-Zerquetschte. Nach rund 300 Jahren dürfte der Hirschpark also schon ziemlich viele Poeten, Dichter und Blogger zum Lustwandeln beflügelt haben.

Wobei die lustwandelnden Paarungszeiten einzelnen Hirscharten, allgemein als Brunft bezeichnet, je nach geographischer Lage variieren. In tropischen Gefilden kann die Fortpflanzung durchgehend das ganze Jahr erfolgen. Nicht umsonst wusste schon Gloria von Thurn und Taxis, Prinzessin, Unternehmerin und Kulturforscherin 2001 im Fernsehen zu verkünden: „Der Schwarze schnackselt eben gern“. In unseren, gemäßigten, nordeuropäischen Regionen finden der Hirsche Paarungsakte meist im Herbst oder Winter statt und sind somit saisonal gebunden.

Im Winter kuschelt’s sich ja auch schöner. Sagt man. Hirsche, wissen Experten, sollen dabei ganz schlimme Intensiv-Kuschler sein. Der Sexualzyklus variiert hier zwischen elf bis zu 29 Tagen. Die weiblichen Tiere sind meist nur kurze Zeit empfängnisbereit, die nur zwölf bis 24 Stunden dauert.

Wie im Hirschpark unschwer festzustellen, sind Hirsche meist polyöstrische Geschöpfe. Wer jetzt nicht weiß, was polyöstrisch bedeutet, stelle sich bitte sofort in die Ecke und schmäme sich! – damals im Biologieunterricht nicht aufgepasst zu haben. Aber um noch mal Gnade vor Ruprecht ergehen zu lassen: Polyöstrisch“ bedeutet: im Laufe eines Jahres in regelmäßigen Abständen auftretender Brunst- bzw. Sexualzyklen zu haben.

Sprich, im Gegensatz zu Meister Lampe und dem Homo sapiens ist der Hirscho sapiens kein ungestümer Marathonrammler, der immer kann – sondern Kollege Hirsch weiß, sich seiner Lust diszipliniert und wohl geregelt zu gewissen Zyklen zu erfreuen. Eben kein maßloser, sondern ein bewusster Genießer. Ganz nach dem Credo: Weniger ist mehr.

Kluge Hirschen haben längst erkannt, dass die Natur als natürliche Ruhezone und Inspirationstempel den idealen Rahmen für digitalen Auszeiten bildet. Marketing-deutsch sprechende Hirsche, dürfen es auch gerne Framing by Nature nennen. Denn in der Natur finden wir einen Rückzugsort fernab von Groooßrauuumbüro, Reizübersättittittittigung und Smart-klingelingeling-phone. Dafür mit viel Platz und Muße zum Fokussieren auf elementare Themen. Wie eben dem Einfach-mal-Abschalten. Dem Streicheln der Hand seiner Liebsten. Noch besser: dem Küssen, der wunderschönen Lippen seiner Liebsten. Oder einfach nur Vögeln beim Balzen zuhören. Wobei die Zeit überhaupt keine Rolle spielt. Die Liebste ist im Framing by Nature-Prozess sowieso das zentralste überhaupt.

In der Natur entsteht ganz automatisch eine sinnliche Nähe zu den Reizen allen Wachstums und dessen faszinierenden Sprossen. Alle unsere zehn Sinne: Sehen, Hören, Röhren, Riechen, Schmecken, Tasten, Fühlen, Spüren, Empathisieren, Tolerieren werden nachhaltig sensibilisiert, geschärft und mit neuer energetischer Intensität aufgeladen. Wer Glück hat, lernt auch neue soziale Kontakte bzw. neue Waldbewohner kennen. Wie zum Beispiel Rudi, den Hirschen samt historisch wertvollen Tondokuments:

Auf Wiederröhren

Sam Lazay

lebalcony.de – Coole Typen, Hirsche, Stories aus Winterhude und darüber hinaus.