Winterhude. Wo der Wind von Achtern weht und auch sonst immer eine handbreit Wasser unterm Kiel. Gestern um so mehr. Herrlicher Klamauk und imposante Artistik sollte unseren Abend prägen. So, wie nicht anders von meinen wunderbaren Nachbarinnen zu erwarten.

Wenn ich mich recht entsinne, verwies ich bereits vorgestern diskret auf unsere großartige House-Community über vier Winterhuder Jugendstil-Etagen.

Viktoria, meine famose Nachbarin aus der dritten (links) hat mich (mittig) und die nicht minder grandiose Manu (rechts) aus der vierten zu einem Kultur-Event ersten Ranges eingeladen. Auch wenn wir „nur“ in der zweiten Reihe saßen:

WET – the show stand auf dem Programm. Diesen Mittwoch im ausverkauften Theater Kehrwieder in der Hamburger Speicherstadt den Ernst des Lebens zu ergründen, hätte wahrscheinlich wenig Sinn ergeben.

Doch einfach mal den Kopf abschalten, das schlechte Wetter, nervige Kollegen, die Hausverwaltung und andere Unpässlichkeiten des Lebens für zwei Stunden ausblenden. Dann ist WET – the show genau das Richtige. Quasi eine akrobatische Interpretation der Herren Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöber aus der Badewanne von Loriot.

Und noch ein Doktor verleiht hier seinen Segen: Dr. Eckart von Hirschhausen mit seiner Stiftung „Humor hilft heilen“ empfiehlt das Badewannen-Programm als prophylaktischen Heilsbringer vor der Alltags-Depression.

Denn wo Wasser fließt, da sprießt das Leben. Besonders in der Badewanne. Ja, die Jungs und Mädels von WET – the show haben Spaß. Und genauso wird das ans Publikum und meine kulturkompetenten Nachbarinnen weitergereicht. Es hätte nicht verwundert, wenn Olaf Scholz, der Macher von „G20 – the show“ mit einem unserer bewährten G20-Wasserwerfer auf die Bühne gerollt wäre, um in seiner neuen Rolle als Bademeister und oder Hochseilartist zu strahlen.

Selber liebe ich Badewannen schon grundsätzlich. Inklusive aller sozialen oder geschäftlichen Begegnungen in eben solchen. Man kann super Meetings in der Badewanne abhalten. Und wenn mal wieder alle durcheinander plappern, kann man ja den einen oder die andere Störenfriedin einfach sanft – untertunken. Respektive selber untertauchen. Mich würde es nicht wundern, wenn die Idee zu Gillettes neuestem Marketing-Streich „Toxic Masculinity“ (siehe: die beiden letzten Artikel auf lebalcony.de) ebenfalls während eines Badewannen-Brainstormings auftauchte.

Meine humoristische Krönung des Abends: das aparte Frontgirl, die sich per verlängerten Fremdbeinen eindrucksvoll in der Badewanne räkelt. Dazu: The Doors, „People are strange“. Humor ist ja bekanntlich die beste Medizin. Und wenn man nicht so genau weiß, warum man sich gerade jetzt totlachen muss, dann macht es oft am meisten Spaß.

Mein akrobatisches Highlight: die beiden kernig gebauten Blondschöpfe, möglicherweise Brüder, von denen der Größere den Kleineren auf den Füßen jongliert. In der Badewanne versteht sich. Zig Saltos im hohen Bogen gehen gut. Dann der Ausrutscher: Der Blondschopf in Funktion der rotierenden Jonglierkeule fliegt in hohem Bogen aus der Wanne, kracht auf die Bretter. Raunen im Publikum. Reglos liegt der gestählte Adonis am Boden. Dramatische Sekunden der Besinnung. Dann: steht er wieder. Und: probiert’s noch mal! Riesenapplaus. Auf den Füßen seines Badewannen-Kollegen wirbelt er durch die Luft, dass man per Augenschein kaum hinterherkommt. Diesmal klappt’s. Noch mehr Applaus. Der Sturz bestätigt die gute, alte Erkenntnis „Wenn’s dich niederhaut, brezelt oder sonst wie zerlegt, bloß erst kein Trauma aufkommen lassen – sondern gleich noch mal ran an die Bouletten! So, wie wir’s halt gelernt haben.

Wirklich beeindruckend, welches Potential Badewannen auch als Sportgeräte haben. Inspiriert durch „WET – the show“ sollte meinem täglichen Gang in die Nasszelle fortan bestimmt ein deutlich dramatischerer Auftritt verliehen werden.

Und auch der Sexismus kommt nicht zu kurz. Bereits erwähntes, fabelhaftes Frontgirl fordert auf der Bühne von einem der Artisten einen Kuss auf die Wange. Um sich dann mit einer blitzschnellen 90-Grad-Wende ihres sehr, sehr hübschen Antlitzes, einen Kuss direkt aufs Schnütchen abzuholen. Als Gillette-rasierter Mann konstatiere ich hier Sexismus in seiner reinsten Form. Nur eben rollenvertauscht. Wobei der Mann arglistig getäuscht und als reines Lustobjekt niederer, weiblicher Begierde vorgeführt wird. Die Gillette-Kampagne scheint also erste Früchte zu tragen. Ich müsste mich nur dringend auch mal wieder rasieren.

Unser Resümee: WET – the show: Spitzenklasse, schrill, wundersam und auch ein bisschen nassforsch. Also ein solider Mix einer  erbaulichen Abendgestaltung.

Unser Plan: Manu, Viktoria und ich beschlossen, das gestern Gelernte zu verinnerlichen, um im Frühling neu auf meinem Balkon zu interpretieren. Und es auf lebalcony.de der Welt zu präsentieren. Hasta luego, compañeros,

Sam Lazay

Und: erwähnte ich schon, dass ich ganz fantastische Nachbarinnen habe..