Glücklichen Kommunikations-Umständen ist es zu verdanken, dass ich für ein paar Tage in unserer Landeshauptstadt weilen durfte. Berlin. Schon schön krass.
Auf der einen Seite: Wahnsinns Charisma. Samt ganz speziellen Charmes. Gigantische Impressionen unterschiedlichster Couleur. Von epochaler Architektur und sensationeller Ausblicke aus Hammer-Hotelzimmer-Fassaden über den großen Glanz der Stadt. Bis zu entspannten, wunderbaren Space-Tech-Badewannen-Momenten. Mit betörend inspirierendem Lächeln meiner analogen Badewannen-Agentin. Gerne gebe ich zu, dass mich die Digital-Magic-Touch-Electronic-Performance jener Badewanne completely überfordert hätte. Gut, da auf meine voll trendy Lifestyle-Bademeisterin zurückgreifen zu können, die sich einfach auskennt in Future-Tech und Smooth-Touch. Und noch besser im Arm gelegen hat sie auch, meine Berliner Abgeordnete schaumiger Champagner-Badefreuden. Fast hätte ich diese Story auch „Im Banne der Berliner Wanne“ betitelt.
Auf der anderen Seite glänzt Berlin auch mit diesem selbstverständlichen, unbeschreiblichen Chaos. Was natürlich auch Fragen über Fragen aufwirft.
Daher nutze ich – wenn ich schon mal in Berlin bin – die Chance, um mich quasi an der Quelle allen Ungemachs durchzufragen – und einen meiner Volksvertreter zu finden, der mir die aktuellen Fragen der Zeit beantworten kann.
Natürlich lasse ich dabei auch keine Gelegenheit aus, internationale New Business-Kontakte zu schmieden…
Vor dem Hintergrund einer neuen – real existierenden, wenn auch verschiebbaren – Berliner Mauer,
ist es natürlich unmöglich, alle Fragen beantwortet zu bekommen. Aber, um einen aktuellen Eindruck zu geben, was „DEM DEUTSCHEN VOLKE“ in Berlin neben bekannten Dilemmas sonst noch so durch den Kopf gehen könnte:
Warum wird nachts um halb zwölf unser Taxi auf der Kreuzung Ku’damm, Ecke Joachimsthaler-Straße, wie im Hollywood-Action-Movie von drei Polizeiautos unter Blaulicht geschnitten, scharf ausgebremst und zum Stop genötigt? Wow!
Was auch noch eine Truppe von Polizisten veranlasst, aus ihren Einsatzfahrzeugen zu springen, uns mit gezückten Maschinenpistolen aus dem Taxi zu zerren, niederzuringen und dann in Handschellen gen Strafvollzuganstalt Bautzen abzuführen, wäre wohl in jedem Krimi-Drehbuch folgerichtige Szenerie?
Wie durch höhere Gewalt, blieb uns das überraschenderweise aber erspart. Das Ausbrems-Manöver galt einzig und allein der Eskorte eines Fahrradfahrers, der als Ein-Mann-Demo sein Demo-Pappschild auf dem Lenker durchs nächtliche Berlin fuhr?
Welche Botschaft das Schild verkündete, war allerdings nicht zu entziffern – möglicherweise wegen des vielen, flackernden Blaulichts? Vielleicht lag‘s auch an undeutlicher Schrift. Nicht ganz ausgeschlossen, dass Parole oder Demo-Devise wegen rudimentären Deutsches nur unklar verständlich war?
Wo anders als in der deutschen Bundeshauptstadt ist es so auffallend, dass besonders viele im Service-Personal der Top-Hotellerie als auch Gastronomie in Deutsch und Verhalten nicht mal die Grundschule geschafft hätten?
Wobei hier von nächst höherer Stelle immer wieder gerne um Verständnis gebeten und betont wird, dass entsprechendes Personal eben aus anderen Branchen- und Kulturkreisen käme?
Wie dabei die Dichte an Lambos, Ferraris und Verwandten mit offensichtlich landesfremden Lenkern zu deuten ist, die sich stolz mit schlechtem Deutsch gebären und eindeutig nicht aus unseren einst so legendären Verdichter- und Denker-Sphären entstammen, ist ebenso wenig zu erklären?
Wohin das Lebensmodel Berlin dabei mit seinem speziellen Tohuwabohu zu entfleuchen droht, kann man dabei nur erahnen?
Was letztes Wochenende in Berlin ganz besonders verdeutlicht wurde: Neben der chinesischen Demonstration für „Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht“ durfte natürlich auch der Berliner Halb-Marathon mitten durch die City nicht fehlen. Mit 33.336 Halb-Marathoniken. Aus ganzen 121 Nationen. Auf extra für den bürgerlichen Strassenverkehr gesperrten Strassen! Nachdem auch U- und S-Bahnen kollabierten, fragten sich letzten Sonntag wohl Zigtausende, die in Berlin ihren Zug oder Flieger kriegen mussten, was ist da los in Berlin?
Wer in der Berliner Regierung auf die Idee kam, on top zum Berliner Halbmarathon, parallel dazu am selben Tag den Staatsbesuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj stattfinden zu lassen, lässt sich auch nicht näher erklären.
Wieso hat Scholz statt lobender Worte für die zig Milliarden deutscher Steuergelder, mit denen er einen dritten Weltkrieg in vorteilhafte Erwägung zieht, nicht auch sagen können: „Selenskyj, alter Buddy, das passt grad nicht. Komm‘ einfach ’ne Woche später. Du kriegst deine Milliarden auch so…
Wann wär’s dir denn genehm?“ Wir können auch mal ins Theater geh’n. Und noch mal neu anfangen, über alles zu reden…
Welche Länder erwirtschaften schon zig Milliarden, die sie verschenken können? Das schaffen die wenigsten nicht mal in zig Jahren. Zig Milliarden geschenkt zu bekommen, ist da natürlich wesentlich hipper. Oder?
Was unter „besten Freunden“ daher auch der Lieferung erbetener, cooler, moderner Kampfjets nichts mehr im Wege stehen lässt. Top Gun – made in Germany – voll geilo! – verstehste?
Weshalb ist es möglich, dass nachts auf der Budapester Strasse einer schreienden Frau gewaltsam die Handtasche entrissen wird, drei junge Typen mit ihrer Tasche davonrennen? Vor den Augen von vier Polizisten, die nur ein paar Meter weiter völlig teilnahmslos vor ihrem Mannschaftswagen stehen. Auch, wenn alles super-schnell ging. Auch, wenn die vier möglicherweise was Wichtigeres zu tun hatten?
Warum nimmt da nicht wenigstens einer die Beine unter die Arme – und versucht seiner Aufgabe des Bürgerschutzes nachzukommen – und die Straßenräuber zu fassen – und sie nicht einfach, wie selbstverständlich, entwischen zu lassen?
Wozu ist man denn Polizist? Doch wohl kaum, um nur dem nächsten Passanten, der bei rot über die Ampel läuft, gefahrlos fünf Euro in Rechnung zu stellen?
Wem haben wir das zu verdanken? Einem Berlin, das bei manchen durchaus starkes Heimweh nach Deutschland aufkommen lässt! Einem werte-orientierten zumindest. Und keinem dysfunktionalen – in dem es sich sehr viele Politiker sehr komfortabel eingerichtet zu haben scheinen.
Wer am Sonntag, 14. Mai 2023 in Berlin war, kann das bestimmt nachvollziehen. Da war der Himmel über Berlin jedenfalls schon mal voller Hubschrauber. Oben: Bilder, die an Apocalypse now samt des Heli-Ritts der Walküre erinnern.
Unten: selbst in der stylischen achten Etage des schicken Bikini-Hotels fühlt sich geneigter Bundesbürger fast wie in behüteter Geborgenheit des vietnamesischen Dschungel-Grüns.
Wobei man sich, selbst ohne höhere Politik-Wissenschaften studiert zu haben, fragt, ob die vielen Hubschrauber nicht mehr Kollisions-Risiken untereinander in sich bergen als ernstgemeinten Schutz vor möglichen, ungeahnten, anderen Desastern bieten?
Weshalb es einem auch schon mal durch den Kopf gehen mag, ob es nicht gerechtfertigt wäre, dass ein Bundesland wie Berlin, das bei Sicherheit, Verwaltung und Gepflogenheiten des sozialen Zusammenlebens immer wieder meint, mit schrägen Eskapaden auf sich aufmerksam machen zu müssen – und auch sonst höchst lässig wirtschaftet, beim Länderfinanzausgleich entsprechende Abstriche nicht genauso cool wegpacken können sollte?
Wie wir uns erinnern, gelernt zu haben, findet Rechtsstaatlichkeit ja idealerweise immer im Sinne der sozialen Gemeinschaft statt. Sonst könnten wir flugs wieder im Chaos unüberlegter Regierungs-Willkür versinken.
Wer hat schon Lust, sich immer wieder dem Unvermögen überforderter Volksvertreter fügen zu müssen?
Gefunden habe ich meinen Volksvertreter, der mir die Fragen beantworten könnte, leider nicht.
Im Hopfingerbräu am Brandenburger Tor wurde ich dafür mit einer ganz vorzüglichen original Berliner Currywurst und noch feineren Pommes entschädigt.
Und – vertraut mir, ich weiß was gut ist:
Nie fühlt‘ ich mich gesünder als heute. Danke! Vor allem an Robert Schäfer
Beste Medizin bei allen Krisen: die kapitale Nordseekrabben-Kürbissuppe
Beste Grüße aus dem schönen Hamburg
Sam Lazay
– lebalcony – coole Typen und Stories aus Winterhude bis darüber hinaus
Lieber Sam, den Berliner Irrsinn haste ja dufte beschrieben. Hier verwechselt man ständig die Pflicht mit der Kür.
Viele Grüße
Peter
Lieber Peter, grundsätzlich bin ich ja auch Freund des Lässigen. Nur stell‘ ich eben auch fest, dass lässig um so cooler geht, wenn es vor solidem Background stattfindet. Lässig im Chaos kann dann durchaus schon als schierer Schutzreflex vor dem Endzeitszenario gedeutet werden. Bin gespannt, wie das alles weitergehen soll. Trotzdem freu ich mich als unabhängiger, freigeistiger Optimist schon auf meinen nächsten Berlin-Besuch im Juli. Noch ist die Lage nicht verloren… Hasta luego compañero
Sehr gut, Sam! Das ist Berlin! 24/7 Adrenalin! Du und ich, wir haben so viele Fragen, da lassen wir nicht locker. Vielleicht kleben wir uns erst am Reichstag fest, schweben danach völlig losgelöst als Ein-Mann-Eine-Frau-Raumschiff im flackernden Blaulicht durchs nächtliche Brandenburger Tor und landen zart ganz zart im Plenarsaal. Man braucht ja Pläne, let´s go!
Liebe Ines, da hört man doch gleich den ursprünglichen Positivismus einer original Berlinerin heraus. Sehr löblich! Was beweist, wie wichtig für eine spezielle Kultur deren Basis, Authentizität und Besonderheit ist. Fast könnte man meinen, dass es in Berlin mittlerweile einfach zu viele Nicht-Berliner gibt. Sich-selbst-Berlinerte, die ohne jemals irgendetwas besonderes bewirkt, bewerkstelligt, bewiesen zu haben, meinen, betont cool zu sein, weil sie jetzt in einer Metropole leben dürfen, die für Leben, Freiheit, Kultur, Humor und Wahnsinn gleichzeitig steht. Begriffe, die viele Hipster in Berlin vermutlich noch nicht mal richtig schreiben können. Ein Thema, das durchaus auch im Deutschen Bundestag seine Relevanz hätte. Wären denn da nur genügend Parlamentarier anwesend, die darüber debattieren könnten. Meist sind sie es nicht, schließlich hat man als Volksvertreter wichtigeres zu tun als die banalen Anliegen seines Volkes zu vertreten. Daher ist Ihre Idee, „zart, ganz zart im Plenarsaal zu landen“ eine super Perspektive, um unseren eingeschlafenen Abgeordneten ehrliche bürgerliche Gelüste, Leidenschaften, Empathie vorzuleben. Und damit möglicherweise diverse Defizite in diesem, unserem Lande zu beheben und wieder ins Reine zu bringen.
In diesem Sinne: das Leben ist zart, aber herzlich!