Wird unsere schöne und freie Hansestadt zum Synonym herausragender Immobilien-Fehlplanung? Oder darf in Anbetracht größerer Bauexperimente die Frage erlaubt sein, ob Baustopps besonders lässig oder einfach nur cooles Kalkül sind? Um seitens seriöser Investoren*innen mit routinierten Insolvenz-Tricksereien dann noch mehr Effizienz aus den Investments zu holen. Auf Kosten der Gemeinschaft minderbemittelter Steuerzahler*innen versteht sich.

Ein/e Schelm*in, der/die Böses dabei denkt.

Dass es der „Kurze Olaf“ kurz für die Bauruine, des noch Februar 2018 vom damaligen Hamburger Oberbürgermeister Olaf Scholz protegierten Elbtowers, zumindest auf 100 der geplanten 245 Meter Höhe geschafft hat, mag hier möglicherweise als Orientierungshilfe weiterer Bau-Investment-Projekte dienen: Herbst 2021 begannen die Arbeiten. Oktober 2023 wurden die Arbeiten wegen ausstehender Zahlungen an ausführende  Baubetriebe komplett eingestellt. Januar 2024 stellt die Projektgesellschaft und Grundstückseigentümerin Hamburg Elbtower Immobilien GmbH & Co. KG Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Und jeder in Hamburg – bis darüber hinaus – fragt sich: Wie funktioniert so was? Wie kann man solche Prestige-Projekte von solchen Persönlichkeiten des schnellen Pleite-Businesses betreuen lassen? Könnte da möglicherweise Vorteilsnahme vorliegen? Oder ist Korruption mehr als nur ein Fremdwort, auch wenn noch keiner davon gehört hat? Man weiß es nicht. Kraft Kurzen Olafs könnte man es nur vermuten. Die ganz große Frage ist letztendlich: Wer soll am Ende die Kosten dieses real existierenden Unplanungswesens tragen?

Eine sehr coole Leserin von lebalcony und Kommentatorin des letzten Artikels gab hier den Anstoß, mal wieder die Abrissruine des guten, alten Kuhnswegbunkers mit seinen zynisch in den Himmel ragenden Türmen in Augenschein zu nehmen. Sehr löblich. Denn ein funktionierendes Stadtviertel sollte doch ein gesunder, dynamischer Organismus sein, in dem man miteinander kommuniziert, um gemeinsame Wunden zu heilen, den kollektiven Weltschmerz zu lindern und weiterem reziproken Ungemach vorzubeugen.

Anstatt qua anonymer Besatzermentalität den Lebensraum von Anwohnern ungefragt zum unbefristeten Investoren-Zonen-Sperrgebiet zu erklären. Alle meine Anfragen zur Zukunft der seit über zehn Monaten brachliegenden Kuhnsweg-Bunker-Bauruine, konnten keine Klarheit schaffen: Keiner ist zuständig. Niemand weiß was. Nicht einer will sich in irgendeiner verbindlichen Art äußern. Vermutlich, so erfahre ich trotzdem immer wieder von Nachbarn, Handwerkern, Stadtbediensteten, ist der Bauherr oder Eigentümer wahrscheinlich pleite!

Oha… Möglicher Über-Optimismus, kalkulatorische Fehleinschätzungen spezieller Topografie und tatsächlicher Bodenbeschaffenheit der durch Alster und diverse Kanäle geprägten Lagebedingungen könnten hier ausschlaggebend gewesen sein. Insbesonders zur geplanten Tiefgarage unter dem Areal des ehemaligen Kuhnswegbunkers könnte eine nachträgliche topografische Lage-Analyse erhebliche, nicht einkalkulierte Mehrkosten verdeutlicht haben. Besondere Insider des Viertels wissen, dass vereinzelte Winterhuder Gebäude mit Pfählen in Moorböden stabilisiert sind, um so ein Abschmieren des Mauerwerks im glitschigen Untergrund zu verhindern.

Auch das wäre eine Überlegung wert, ob in solche Böden mal eben eine voluminöse Tiefgarage eingelassen werden kann. Ob das im Vorfeld, vor Abriss des Bunkers geprüft wurde, weiß ich nicht. Wer die Baugenehmigung dazu erteilt hat weiß ich ebenso wenig. Mich hat jedenfalls keiner dazu gefragt. Aus meinem persönlichen Nachbarschaftskreis rund um den Mühlenkamp kenne ich persönlich niemanden, der über eine klassische Kelleretage verfügt.

Daraus wäre der Gedanke abzuleiten, ob das auch 2024 was mit den sehr, sehr wassernahen Sourroundings des Kuhnsweg 9 und topografisch eher suboptimalen Umständen zum Bau einer Tiefgarage innerhalb eines Jugendstilkarrees von 1903 zu tun haben könnte. Könnte…

Die genauen Umstände solcher Bauvorhaben, Planungs- und Umsetzungsabläufe im Vorfeld zu prüfen und im Sinne von Nachhaltigkeit und eines harmonischen Miteinanders aller Betroffenen zu realisieren, wäre irgendwie cool. Denn gegen neue Wohnungen innerhalb eines erstrebenswerten Wohngebietes ist ja überhaupt nichts einzuwenden.

Doch Neubau sollte kein bloßes Rendite-Sahnehäubchen für den Investor sein. Sondern das, was aus Gebäuden erst städteprägende Architektur macht – Zuhause. Orte an denen wir leben, lieben, lachen, kochen, essen und uns austauschen. Anstatt unter Zonen zu leiden, die man meidet, denen man Siechtum und Verschandlung ankreidet.

Ob Bauherren sich für eine Immobilie mit oder ohne Unterkellerung entscheiden, ist nicht nur Aufwertungssache des Bauobjektes sondern sollte auch von den örtlichen Gegebenheiten individuell entschieden werden. Bei hohem Grundwasserspiegel sollte man meinen, dass eine Tiefgaragen-Unterkellerung wohl deutlich teurer und zeitaufwendiger werden kann als bei trockenen Grundstücken.

Neben entsprechender Grundwasserhöhe wäre wohl auch das zur Verfügung stehende Raum- und Platzangebot zu berücksichtigen. Bei der Dichte der Wand-an-Wand angrenzenden Nachbarbauten des Kuhnswegs 9 und in direkter Ruf- und Hörweite befindlichen gegenüberliegenden Straßenseite könnte das ziemlich eng werden. Und das nicht nur im Finanziellen. Sondern auch im statisch stabilen Sicherheitssinn. Siehe Google: Plattendruckversuch.

Auch wenn der Marktwert des Neubaus im Kuhnsweg 9 bestimmt erheblich steigen würde, wäre es mit Sicherheit empfehlenswert, vorher zu prüfen, ob mit oder ohne Tiefgarage gebaut werden kann. Und nicht nur blind auf mehr Rendite-Parameter durch mehr Tiefgaragen-Quadratmeter zu spekulieren. Vom ganz logischen Mehraufwand an Bauzeit auf Kosten geschädigter Nachbarn ganz zu schweigen.

Trotz theoretischer Lebensraumschaffung einer Tiefgarage in einer extrem dicht besiedelten Jugendstil-Siedlung ist es schwer vorstellbar, dass hier praktischen Investment-Maximierungs-Freiheiten nicht auch rechtliche Grenzen gegenüberstehen: Bodenplatten, Kellerabdichtungen, Entwässerungssysteme, Lichtkanäle Sicherheitsgewährleistungen des öffentlichen Raums, entsprechende Gutachten usw.

Bei aller Freiheitsliebe würde ich mich als durch den Abriss geschädigter Anwohner freuen, wenn im Hinblick auf ein sozial-harmonisches Miteinander hier im Viertel auch die Interessen der Anwohner vertreten werden. Bürgervertreter des Kreistages, des Parlaments, des Bundestages würden mir da zum Beispiel einfallen.

Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie es rund um die fünf Mahnsäulen des ehemaligen Kuhnswegbunkers weitergehen soll.

 

Sam Lazay

 

lebalcony – coole Typen und manchmal uncoole Stories aus Winterhude bis darüber hinaus

 

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